Das Chaos bei Frankreichs konservativen Republikanern hält an: Der wegen seiner Annäherung an die Rechtspopulisten aus der Partei ausgeschlossene Parteichef Eric Ciotti hält an seinem Amt fest. „Ich bin Parteivorsitzender, ich gehe in mein Büro“, sagte er am Donnerstagmorgen bei seiner Ankunft vor der Parteizentrale. Er gehe juristisch gegen seinen Parteiausschluss an.
Am Vortag hatte die Parteiführung in Ciottis Abwesenheit seinen Ausschluss beschlossen. Diese Sitzung sei nicht rechtmäßig gewesen, sagte Ciotti dem Sender France 2. Den Wirbel um seine Person bezeichnete er als „kleine Streitigkeiten in der zweiten Reihe“.
Es werde etwa 70 bis 80 Kandidaten der Republikaner geben, die von der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) unterstützt würden, erklärte Ciotti. „Dank dieses nationalen Blocks zwischen Republikanern und RN wird die Rechte an die Macht kommen“, fügte er hinzu. „Wir werden das Land wieder nach vorn bringen und für Ordnung sorgen“, sagte er.
Die bisherige Generalsekretärin Annie Genevard, die nach dem Beschluss der Parteiführung den Interimsvorsitz der Partei übernommen hat, kritisierte die Haltung Ciottis. „Ich erkenne den Mann nicht mehr, mit dem ich jahrelang zusammengearbeitet habe“, sagte sie dem Sender France Info.
Ciotti hatte sich am Dienstag für ein Wahlbündnis zwischen den Republikanern und dem RN ausgesprochen und damit einen Tabubruch begangen. Mehrere Kommunalpolitiker und Senatoren hatten daraufhin ihren Parteiaustritt erklärt.
Die französischen Konservativen sehen sich in der Nachfolge von Charles de Gaulle, der im Zweiten Weltkrieg den französischen Widerstand gegen Nazi-Deutschland angeführt hatte. Der RN hingegen ist die Nachfolgepartei des Front National, zu deren Gründern neben Jean-Marie Le Pen auch Pierre Bousquet, ein ehemaliges Mitglied der Waffen-SS, zählte.
Der RN hatte Ciottis Angebot begrüßt. Es sei eine „mutige Entscheidung“, die von „Verantwortungsbewusstsein“, zeuge, sagte Fraktionschefin Marine Le Pen.
Nach dem Wahlsieg des RN bei der Europawahl am Sonntag und dem schlechten Abschneiden seiner eigenen Partei hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Neuwahlen zur Nationalversammlung ausgerufen. Die Wahl findet in zwei Runden am 30. Juni und 7. Juli statt.