Tagelang hat das Kanzleramt geschwiegen, jetzt äußert sich Olaf Scholz selbst: Er zieht andere Schlüsse aus zwei Gutachten zum Haushalt als sein Finanzminister.
Bundeskanzler Olaf Scholz hält auch nach den Gutachten zum Haushalt eine Stärkung von Bahn und Autobahngesellschaft rechtlich für machbar. „Es war sinnvoll, die Handlungsoptionen der Bundesregierung gutachterlich überprüfen zu lassen, wie Deutsche Bahn und die Autobahnen im Haushalt finanziell gestärkt werden können. Klares Ergebnis des juristischen Gutachtens: Das geht“, sagte der SPD-Politiker „Zeit Online“. Die Bundesregierung werde jetzt vertraulich die nächsten Schritte beraten. Scholz fügte hinzu: „Es bleibt ein Mysterium, wie das eigentlich klare Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst werden konnte.“
In den vergangenen Tagen war der Haushalts-Streit der Ampel-Koalition neu aufgebrochen. Hintergrund sind drei Vorhaben, die die Finanzierungslücke im Etat für das kommende Jahr um zusammen acht Milliarden Euro reduzieren sollten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte wegen rechtlicher und wirtschaftlicher Bedenken Gutachten zur Bewertung der Pläne in Auftrag gegeben.
Gutachten werden unterschiedlich interpretiert
Der Bielefelder Rechtsprofessor Johannes Hellermann und der unabhängige wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums äußerten daraufhin übereinstimmend Zweifel an der Idee, bei der KfW liegende, ungenutzte 4,9 Milliarden Euro für die Gaspreisbremse im Haushalt für andere Zwecke zu nutzen. Weniger eindeutig fielen dagegen die Bewertungen zum Vorhaben aus, der Bahn und der Autobahngesellschaft Darlehen statt Zuschüsse zu zahlen.
Unter bestimmten Voraussetzungen sei das rechtlich umsetzbar, hatte Hellermann erklärt. Der wissenschaftliche Beirat sieht in beiden Fällen allerdings Probleme, weil möglicherweise weder Bahn noch Autobahn das geliehene Geld aus eigenen Einnahmen zurückzahlen könnten. Die bundeseigene Bahn ist bereits hoch verschuldet, die Autobahngesellschaft hat aktuell überhaupt keine eigenen Einnahmen. Dies könnte gesetzlich aber geändert werden, meint Hellermann.
Lindners Ministerium hatte argumentiert, die nötigen Reformen seien aufwendig, politisch umstritten und vor einem Haushaltsbeschluss nicht umsetzbar. Im Fall der Bahn lasse sich das Problem zudem über eine Eigenkapitalspritze lösen. Letztlich bleibe eine Finanzierungslücke von rund fünf Milliarden Euro, die bis Mitte August noch gestopft werden müsse. Politiker der SPD und der Grünen warfen ihm vor, die Haushaltseinigung zu torpedieren.