Deutsche Filmschaffende haben bisher Chancen auf eine Auszeichnung beim 77. Internationalen Filmfestival Locarno. Schauspielerin Maren Eggert etwa darf hoffen. Doch die Konkurrenz ist stark.
Deutsche Filmschaffende haben zur Halbzeit des Filmfestivals Locarno gute Chancen auf eine Auszeichnung. Vergeben werden die Preise am schweizerischen Ufer des Lago Maggiore am Samstagabend (17. August). Insgesamt sind 17 Filme im Wettbewerb um den Goldenen Leoparden, den Hauptpreis. Derzeit gilt die deutsche Schauspielerin Maren Eggert („Ich bin dein Mensch“) als Favoritin für eine Ehrung mit dem Preis für das beste Schauspiel.
Facettenreiche Charakterstudie von Maren Eggert
Maren Eggert brilliert im Familiendrama „Der Spatz im Kamin“ des schweizerischen Regisseurs Ramon Zürcher. Sie begeistert mit einer facettenreichen Charakterstudie. Die Feinheit ihrer Darstellung trägt wesentlich dazu bei, dass die Geschichte um die Sinnsuche einer Ehefrau und Mutter zum Spiegel einer Gesellschaft wird, in der Frauen noch immer unter den Folgen des Patriarchats leiden.
Vorstellbar ist auch, dass Maren Eggert mit ihren wichtigsten Partnerinnen in diesem Film, ihren deutschen Kolleginnen Luise Heyer und Britta Hammelstein, als Schauspiel-Team ausgezeichnet wird.
Helena Zengel spielt mit großem Feingefühl
Doch die Konkurrenz ist groß. Die bisher stärkste andere Film kommt ebenfalls aus Deutschland: Helena Zengel („Systemsprenger“) fesselt in der internationalen Gemeinschaftsproduktion „Transamazonia“ der deutschen Regisseurin Pia Marais. Sie spielt eine 16-jährige, die im Dschungel des Amazonasgebietes zwischen die mörderischen Fronten von Umweltschutz und Profitgier gerät.
Helena Zengel, selbst so jung wie die von ihr verkörperte Rebecca, agiert mit außerordentlichem Feingefühl und zieht das Publikum geradezu magisch in ihren Bann.
Bisher gilt die größte Aufmerksamkeit in Locarno eindeutig den Frauen. In der ersten Festivalhälfte überwogen Filme um weibliche Hauptfiguren. Lediglich zwei Ausnahmen fielen auf: Große Aufmerksamkeit bekam zum einen die von deutschen Produzenten mitrealisierte internationale Koproduktion „Bogancloch“ des britischen Regisseurs Ben Rivers, ein filmischer Essay um einen Einsiedler.
Viel Beifall erhielt zum anderen das italienisch-französische Liebesdrama „Sulla terra leggeri“ (internationaler Verleihtitel: „Schwerelos“) der italienischen Regisseurin Sara Fgaier, eine emotionsgeladene Lovestory.
Bollywood-Superstar Shah Rukh Khan begeistert
Glamouröser Höhepunkt des Festivals bisher war die Vergabe eines Ehrenpreises an den Bollywood-Superstar Shah Rukh Khan unter dem funkelnden Sternenzelt. Mehr als 8000 Besucherinnen und Besucher feierten den weit über seine Heimat Indien hinaus als „King Khan“ verehrten Schauspieler und Regisseur auf der Piazza Grande, dem für das Festival in eines der größten Kinos der Welt verwandelten Marktplatz des malerischen Urlaubsortes.
Der Jubel der Massen bestätigte nachhaltig Shah Rukh Khans These, dass das Kino das Leben vieler Menschen schöner mache.
Das neben Cannes, Berlin und Venedig bedeutendste europäische Filmfestival zeigt bis zum 17. August 225 Kurz-, Spiel- und Dokumentarfilme. Schon jetzt ist klar, dass es auch mit seiner diesjährigen, der 77. Ausgabe, seinem guten Ruf gerecht wird, die wichtigste Tribüne für Entdeckungen noch weithin unbekannter Talente und Filme abseits gängiger Erzählmuster zu sein.