Neue „Pax“-Schränke: Ikea verspricht die Möbel-Revolution. Aber ist die realistisch?

Das Schrank-Ungetüm Ikea Pax kommt in alter Größe, aber mit neuer Methode für den Aufbau. Künftig soll man den Schrank in nur 20 Minuten aufstellen können. Aber stimmt das?

Wer vom sprichwörtlichen Stress beim Aufbau seiner Ikea-Möbel erzählt, spricht meist von „Billy“. Gegen „Pax“ allerdings war „Billy“ schon immer ein Kinderspiel. Wer schon einmal Schrankwände aus der „Pax“-Serie aufgebaut hat oder womöglich sogar abgebaut (wie der Autor dieser Zeilen), der kann ein Lied davon singen. Massiv, hoch, schwer. Vor allem die Schiebetüren mit Spiegel vor mehreren „Pax“-Körpern in einer Altbauwohnung mit leicht schiefem Boden zu installieren, ist ein Albtraum für jeden, der nur einen Schrank für die Tochter brauchte … und eigentlich keinen Meister als Möbelbauer machen wollte.

Schwer ist es auch, den „Pax“ wieder auseinanderzuschrauben ohne hineinzusteigen und dabei einzubrechen (auch das ist dem Autor schon passiert). Aber hey: Der Schrank ist geräumig, günstig und meistens sofort lieferbar. Eben Ikea.

Der neue Ikea Pax: Keine Nägel mehr, kaum noch Schrauben

Doch jetzt soll alles besser werden. Ikea verspricht nicht weniger als die Möbel-Revolution: Es soll einfacher werden – und damit schneller gehen. Und der „Pax“ soll das erste Möbelstück mit Aufbau-Turbo sein.

Aber stimmt das?

Schauen wir uns also die Unterschiede an: Laut Ikea-Anleitung umfasste die Montage des „Pax“ bislang 24 Schritte, jetzt sind es 21 Schritte. Und die sind beim neuen „Pax“ unterm Strich weniger aufwendig. Während man früher 114 Nägel, Schrauben, Dübel und Beschläge verarbeiten musste, sind es in seiner Neuauflage nur noch 26 Teile. Allein keine 50 Nägel mehr in der Rückwand versenken zu müssen, ist ein großer Fortschritt. Auch sind nur noch ganz wenige Schrauben und Dübel einzusetzen.

Bisher war der Bausatz für den „Pax“ so angelegt, dass man ihn eigentlich auf dem Boden montieren musste. Dann musste man den Schrank aufrichten, was immer ein wenig heikel war – und nur zu zweit vernünftig ging. Außerdem brauchte man dafür immer etwas Luft über dem Schrank fürs Aufrichten, was in niedrigen Räumen zu Problemen führte, wie das Bild unten aus der Anleitung illustriert. Zwar sah die Anleitung für den alten „Pax“ auch eine Variante für die Konstruktion im Stehen vor, die war aber wirklich knifflig auszuführen.Die alte Anleitung machte anschaulich klar, warum man mehr Platz braucht, wenn man den Schrank am Boden montiert und aufrichten muss
© Screenshot Ikea.co.uk

Kommen wir also zur neuen „Pax“-Version: Nun ist der Schrankkorpus von vornherein so konstruiert, dass man ihn im Stehen aufbaut. Die Rückwand ist fest mit den beiden Seitenteilen verbunden. Man stellt die Elemente hochkant auf, löst das Sicherungsband und schon kann man den Schrank auseinanderfalten wie ein Paravent – und wie im Foto ganz oben dargestellt. Dann werden unten zwei Leisten mit Steckverbindungen montiert. Zum Schluss werden oben und unten der Deckel und ein Boden eingesetzt. Fertig ist der Schrankkorpus. Das sieht eigentlich ganz einfach aus. Nur zum Justieren der Höhe der Füße braucht man noch den legendären Ikea-Inbusschlüssel.

In nur 20 Minuten soll der „Pax“ stehen

Ikea jedenfalls ist begeistert von seiner Innovation: Künftig könne man „Pax“ „ohne Werkzeug in 20 Minuten“ aufbauen, schreibt der Konzern in seiner Mitteilung, „dank Stecksystem und Faltkonstruktion“. Das klingt wirklich vielversprechend, auch wenn man die genaue Zeitangabe lieber selbst überprüfen würde. Und – wohlgemerkt – es geht nur um den nackten Korpus. Er muss noch festgedübelt, mit Schubladen, Regalböden und Garderobenstangen ausgestattet und schließlich mit Türen versehen werden. Das alles dauert.

Aber viel schneller als der Aufbau des alten „Pax“ dürfte das in jedem Fall gehen. Und laut Ikea ist „Pax“ nun auch leichter zu demontieren: „Durch die neue Konstruktion ist Pax von jetzt an noch mal deutlich langlebiger“, schreibt der Möbelhersteller. „Einfache Montage und Demontage – immer wieder.“ Das klingt toll. Auch diese Behauptung muss sich allerdings erst einmal in der Praxis bewähren. Genau wie die Frage, ob denn das neue Bausystem ähnlich stabil wie das alte ist.

Der neue Ikea-Schrank ist kompatibel mit alten Pax-Versionen

Trotz dieser Neuerungen, schreibt Ikea in seiner Ankündigung, habe man „keine Kompromisse“ gemacht, was „Vielseitigkeit, Funktionalität und Anpassungsfähigkeit von Pax“ betreffe. Es gebe weiterhin „eine Vielzahl von Größen, Farben und Innenausstattungsoptionen“. Und vor allem sei der neue „Pax“ vollständig kompatibel mit der Vorgängerversion – eben wie es sich für ein ordentliches Update gehört. Der Preis hat sich auch nicht geändert. Übrigens: Das neue Modell ist ab sofort online und in den Filialen verfügbar.STERN PAID vintage ikea hype um alte ikea möbel text 6.07

Ein Rätsel bleibt, warum Ikea in seiner Pressemeldung davon spricht, dass „der Korpus jetzt problemlos von einer einzigen Person aufgebaut werden“ könne, dann aber in seiner Anleitung den Einzelkämpfer durchstreicht – und zwei Personen beim Aufbau abbildet. Aber das ist nur eine von den vielen kleinen Unterschieden zwischen Theorie und Praxis, auf die man vermutlich auch weiter beim Zusammenbau von Ikea-Schränken treffen wird.