Nach dem zeitweise ausgesetzten Verbot haben die Macher des rechtsextremistischen „Compact“-Magazins eine baldige Veröffentlichung ihres Magazins angekündigt. Die August-Ausgabe sei vor dem Verbot in Druck gegangen und sei fertig produziert, sagte Chefredakteur Jürgen Elsässer am Donnerstag in Berlin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sah sich nach der vorläufigen Niederlage vor Gericht mit Kritik konfrontiert, kündigte ungeachtet dessen aber weiter ein entschiedenes Vorgehen gegen extremistische Tendenzen an.
Faeser hatte „Compact“ im Juli verboten. Dagegen reichte die von Elsässer geleitete Compact-Magazin GmbH beim Bundesverwaltungsgericht eine Klage und einen Eilantrag ein. Am Mittwoch gab das Gericht dem Eilantrag teilweise statt. Demnach kann das Magazin vorläufig weiter erscheinen, bis über die Klage entschieden wurde. Beschlagnahmte Beweismittel dürfen weiter ausgewertet werden.
Elsässer kündigte nun an, dass die Hefte der August-Ausgabe „in Kürze ausgeliefert“ werden. Wegen der erhöhten Aufmerksamkeit durch das Verbots- und das Gerichtsverfahren müsse der Verlag „möglicherweise nachdrucken“. Die Produktion einer neuen Ausgabe sei wegen der Beschlagnahmungen derzeit „vollkommen unmöglich“. Die Redaktion habe „keine Schreibtische, keine Stühle, keine Computer“ mehr.
Zugleich zeigte sich Elsässer überzeugt, dass sich die Auflage des Magazins „vervielfachen“ werde. Hätten vor dem Verbot und dem Gerichtsverfahren „vielleicht zwei Millionen Deutsche“ das Heft gekannt, dürften es nun „60 Millionen“ sein. „Entsprechend steigt auch unsere publizistische Schlagkraft.“
Die Gerichtsentscheidung im sogenannten Hauptsacheverfahrensteht noch aus. Der Anwalt der Magazin-Macher, Laurens Nothdurft, hält die Erfolgsaussichten für „Compact“ dabei für „enorm hoch“. Er ging von einem „lange andauernden Hauptsacheverfahren“ aus. Elsässer sagte, er sei „immer sicher“ gewesen, „dass wir dieses Verfahren gewinnen“. Er sei aber skeptisch gewesen, dass bereits der Eilantrag Erfolg haben und dass über diesen so schnell entschieden werden würde.
Faeser machte am Donnerstag deutlich: „Wir werden unsere Rechtsauffassung im Hauptsacheverfahren weiter genauso klar umfassend vertreten.“ Es sei „ein ganz normaler Vorgang“, dass sich Betroffene gegen ein Verbot juristisch zur Wehr setzten. In einem Rechtsstaat gebe es gerichtliche „Überprüfungsmöglichkeiten“, fuhr Faeser fort. „Und das ist auch gut so. Dafür leben wir in einer Demokratie.“
Zugleich kündigte Faeser an, trotz der vorläufigen Niederlage vor Gericht weiter gegen extremistische Bestrebungen vorgehen zu wollen. „Wir werden auch weiterhin Verfassungsfeinden sehr entschieden entgegentreten“, sagte Faeser.
Wegen der Gerichtsentscheidung gerät Faeser aber unter Druck, auch aus Reihen der Koalition. Die Entscheidung sei „peinlich für das Bundesinnenministerium„, weil sich das „Compact“-Netzwerk nun als Opfer darstellen könne, sagte FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle dem „Spiegel“. „Das hätte dem Bundesinnenministerium nicht passieren dürfen.“
FDP-Vize und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki sagte dem „Spiegel“, Faeser habe bei der Verbotsentscheidung vorschnell gehandelt. „Die Entscheidung ist für eine Verfassungsministerin eine böse Klatsche, und das Schlimmste ist: Sie hat sich vor den drei ostdeutschen Landtagswahlen zur besten Wahlkämpferin der AfD inszeniert.“
Auch der CDU-Politiker Thorsten Frei warf Faeser schwere Versäumnisse vor. „Die Ministerin hätte den alten Grundsatz beherzigen sollen, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht“, sagte Frei. „So wurde dem Kampf gegen Rechtsextremismus ein Bärendienst erwiesen.“
Aus ihrer eigenen Partei erhielt Faeser dagegen Rückendeckung. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der „Rheinischen Post“: „Die aktuell massive Kritik könnte sich als voreilig erweisen.“ Wiese betonte weiter, es sei richtig, dass das Ministerium die Instrumente einer wehrhaften Demokratie gegen rechtsextremistische Organisationen einsetze, „die einen Umsturz propagieren und aggressiv gegen die Menschenwürde und elementare Verfassungsgrundsätze agieren“.