Mit mehr Grundschulunterricht in Kernfächern und vorschulischen Sprachtests will die Landesregierung die Grundlage für bessere Bildung legen. Bildungsgewerkschafter überzeugt das nicht.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) keinen überzeugenden Ausweg aus der Bildungsungerechtigkeit. Zu Beginn des neuen Kindergartenjahres und des neuen Schuljahres litten beide Bildungspfeiler weiterhin unter gravierendem Fachkräftemängel, stellte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik fest. Allein an den Schulen fehlten derzeit rund 6.000 Lehrkräfte.
Schon für bloßes Mittelmaß fehlen Milliarden
Die Personalsituation und langjährige Unterfinanzierung verfestigten die soziale Schieflage, kritisierte die Gewerkschafterin. Bereits heute liege NRW mit jährlichen Ausgaben von 8.300 Euro pro Schüler um 900 Euro unter dem Bundesdurchschnitt. „Würde die Landesregierung hier nur Mittelmaß anpeilen, wären zusätzliche 2,3 Milliarden innerhalb eines Jahres notwendig“, rechnete Çelik vor. „Wir brauchen einen Bildungsetat, der losgelöst vom Haushalt ist und über zehn Jahre Investitionen absichert.“
Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte zum neuen Schuljahr mehr Grundschulunterricht in Deutsch und Mathematik angekündigt und flächendeckende Tests zum vorschulischen Sprachstand. Solche eigentlich begrüßenswerten Initiativen liefen ins Leere, wenn es kein Personal gebe, das Förderempfehlungen umsetzen könne, kritisierte Çelik.
„Erneut zeigt sich, dass diese Vorhaben nur funktionieren, wenn Beschäftigte über ihre Belastungsgrenze hinausgehen.“ Schon jetzt werde in den Schulen der Mangel verwaltet. Dennoch würden immer mehr Programme von oben in den Trichter gestopft. Zusätzlich die Eltern für vorschulische Förderung in die Pflicht zu nehmen, werde aufgrund der unterschiedlichen sozialen Voraussetzungen zu Hause kein Problem lösen.
GEW: Lieber mit Kindern statt mit dem Rotstift arbeiten
Besser wäre es, die Anzahl der Klassenarbeiten zu reduzieren, schlug die GEW-Vorsitzende vor. Anstatt immer wieder stundenlang mit dem Rotstift über Klassenarbeiten zu sitzen, könnten die Lehrkräfte sich dann mehr mit den Kindern befassen. Zudem müssten die Lehrpläne entrümpelt werden, sagte Çelik.
Darüber hinaus kritisierte sie die umstrittenen Lehrer-Abordnungen an unterversorgte Schulen. Grundsätzlich seien die zwar rechtlich zulässig, brächten jedoch Unsicherheit und Unzufriedenheit in die Lehrerzimmer. So werde der Mangel nicht ursächlich bekämpft, sondern nur verschoben.
In zwei Eilentscheidungen hatte das Verwaltungsgericht Münster in der vorletzten Woche zwei Lehrer-Abordnungen mit der Begründung gestoppt, die Auswahlkriterien seien nicht sachgerecht gewesen.