Die Nutzung der Schiene soll ab 2026 drastisch teurer werden, vor allem für den Regionalverkehr. Auf Fahrgäste könnten höhere Preise und weniger Angebot zukommen. Bund und Bahn wollen das verhindern.
Mit einer zusätzlichen milliardenschweren Eigenkapitalspritze will der Bund die Bahn stärken – das aber könnte fatale Nebenwirkungen haben: Bahnfahren könnte teurer werden. Denn mehr Eigenkapital bedeutet höhere Trassenpreise – eine Art Schienenmaut – bei den Verkehrsunternehmen. Diese Trassenpreise sollen 2026 erneut deutlich steigen.
Die Güterbahnen sprechen von einem „Preisschock„. Auch im Nah- und Fernverkehr drohen Preissteigerungen, beim Angebot Einschränkungen. Das Bundesverkehrsministerium will gegensteuern.
Mehr Eigenkapital kann zum Bumerang werden
Die Bundesregierung hatte einen neuen Kompromiss auf einen Haushaltsentwurf 2025 verkündet, um Milliardenlücken im Etat zu schließen. Erreicht wird das vor allem durch Umschichtungen bei der bundeseigenen Deutschen Bahn. Sie soll zusätzliches Eigenkapital im Umfang von 4,5 Milliarden Euro bekommen. Das wird nicht auf die Schuldenbremse angerechnet und soll direkte Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ersetzen.
Bisher war eine Eigenkapitalerhöhung von rund 5,9 Milliarden Euro vorgesehen, damit soll die Bahn Investitionen zur Sanierung des maroden Schienennetzes vornehmen. Die Bahn soll außerdem ein milliardenschweres Darlehen bekommen. Insgesamt soll sie in den kommenden Jahren frisches Geld von mehr als 20 Milliarden Euro erhalten.
Aber: Die Bahn muss Zinsen zahlen, die sie wiederum über die Trassenpreise finanziert, mit der Folge höherer Trassenpreise.
Alle Unternehmen auf der Schiene müssen Trassenpreise zahlen
Dabei handelt es sich um eine Art Schienenmaut, die von der Bahn-Infrastruktursparte InfraGo erhoben wird. Alle Unternehmen, die die Infrastruktur der Bahn nutzen, müssen sie zahlen, auch die Verkehrsunternehmen der Bahn selbst. Mit diesen Mitteln finanziert die Bahn unter anderem die laufenden Kosten für den Betrieb, die Instandhaltung und die Investitionsbeiträge des Konzerns in das mehr als 33.000 Kilometer lange Schienennetz in Deutschland.
Pläne für 2026
Für 2026 plant die InfraGo eine weitere drastische Erhöhung der Trassenpreise. Das würde dieses Mal besonders den Regionalverkehr treffen, für den die InfraGo eine Erhöhung um 23,5 Prozent bei der Bundesnetzagentur beantragte. Das geht aus der Trassenpreisinformation hervor, die die Gesellschaft am Montagabend veröffentlichte. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Die geplante Eigenkapitalerhöhung, zu deren Höhe für 2026 die Gespräche noch nicht abgeschlossen seien, führe zu zusätzlichen Kosten, so InfraGo. „Diese ergeben sich aus Abschreibung und Kapitalkosten und verursachen den Großteil der Gesamtkostensteigerung.“
Durchschnittliche Erhöhung von mehr als 19 Prozent
Im Schnitt sollen die Preise ab 2026 demnach um 19,1 Prozent steigen. Auf den Fernverkehr käme eine Steigerung von 10,1 Prozent zu, auf den Güterverkehr eine Erhöhung um 14,8 Prozent.
Die Branche fürchtet bei solchen überdurchschnittlichen Steigerungen weitreichende Auswirkungen auf das Angebot auf der Schiene: „Es droht weniger Bahnverkehr für mehr Geld zu geben“, teilte etwa die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Bahnindustrie, Sarah Stark, mit.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) als Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz sagte, sollten der Bund und die InfraGo tatsächlich auf Idee kommen, die Trassenpreise für den Nahverkehr um über 20 Prozent erhöhen, werde das Folgen haben. „Wesentliche Teile des Nahverkehrs werden einfach nicht mehr stattfinden. Die Konsequenzen sind noch mehr Autoverkehr, noch mehr Staus und eine noch schlechtere Klimabilanz des Verkehrssektors.“ Ein Erhöhung der Trassenpreise in dieser Größenordnung ab 2026 bedeute allein für NRW eine Zusatzbelastung im dreistelligen Millionenbereich.
Schon für 2025 hat die Bundesnetzagentur eine deutliche Steigerung der Trassenpreise genehmigt. Dabei wird es vor allem den Fern- und Güterverkehr treffen, weil die Preise im Regionalverkehr bisher gesetzlich gedeckelt sind. Bei der nun beantragten Erhöhung für 2026 geht die Bahn davon aus, dass diese Deckelung gerichtlich gekippt werden wird.
Branche fordert Reform
„Die bislang üblichen Baukostenzuschüsse zur Finanzierung der Infrastruktur hätten das vermieden“, meint Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, in dem die Cargo-Wettbewerber der Deutschen Bahn organisiert sind. Wie viele andere Beteiligte fordert er eine Reform der Trassenpreissystematik.
„Umso wichtiger also, dass die Bundesregierung jetzt ein Moderne-Schiene-Gesetz auf den Weg bringt, um mit einem Schienenfonds eine planungsfeste, überjährige Finanzierungsarchitektur zu schaffen“, teilt etwa Stark vom Bahnindustrie-Verband mit.
Die InfraGo verweist in ihrer Information an die Unternehmen darauf, dass derzeit Gespräche mit dem Bund über einen Kompensationsmechanismus liefen, um die Belastungen durch die Trassenpreiserhöhung auszugleichen.
Bund verspricht Hilfe
Das Bundesverkehrsministerium kündigte konkrete Maßnahmen an: „Zum einen werden durch die Kombination aus Eigenkapital und Darlehen die Auswirkungen auf die Konzernverschuldung aber auch die Trassenpreise gelindert“, teilte ein Sprecher mit. Darüber hinaus habe das Ministerium Mittel für die Fortsetzung der Trassenpreisförderung sichern können, parallel werde die vorgeschriebene Verzinsung des Eigenkapitals der InfraGO massiv abgesenkt.
Zudem werde das Ministerium „zeitnah“ einen konkreten Fahrplan vorlegen, wie gemeinsam mit der Branche und den Bundesländern der Finanzierungsmechanismus der Schieneninfrastruktur in Deutschland zukunftssicher gemacht werden könne.
Gesetzliche Änderungen?
Der Grünen-Bahnexperte Matthias Gastel hatte bereits gesagt, im Eisenbahnregulierungsgesetz müssten die Trassenpreise grundlegend neu geregelt werden, um niedrigere Nutzungsentgelte und damit wirtschaftlichere Bahnverkehre zu ermöglichen. Westenberger sagte, ein gemeinwohlorientierter Schieneninfrastrukturbetreiber solle, genau wie die Autobahn GmbH, keine Gewinne erwirtschaften müssen.