Ampel-Politiker beklagen Stil in der Regierung – Habeck mit Spitze gegen Lindner

Erneut haben mehrere Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition den schlechten Stil der Zusammenarbeit in der Bundesregierung kritisiert und Besserung eingefordert. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) etwa attestierte dem Bündnis am Mittwoch einen Mangel an Verantwortungsgefühl und richtiger Arbeitseinstellung. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge beklagte ständigen Streit und Unzuverlässigkeit. Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth appellierte an die Ampel-Partner: „Arsch zusammenkneifen und jetzt regieren.“ Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) teilte die nächste Spitze an seinen Kabinettskollegen aus, FDP-Finanzminister Christian Lindner.

Minister Buschmann antwortete im „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) auf die Frage, ob die Ampel-Koalition bis zur regulären Bundestagswahl im Herbst 2025 durchhält: „Wenn man die Verantwortung für hohe Staatsämter trägt, hat man auch die Pflicht, seine Arbeit zu machen. Wenn das alle so sehen würden, wäre die ganze Aufgabe vielleicht ein bisschen reibungsloser.“

Besonders laut hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder zwischen FDP-Finanzminister Christian Lindner und dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck gekracht. Auf einer Podiumsveranstaltung legte Habeck, der als aussichtsreichster Bewerber für eine mögliche grüne Kanzlerkandidatur gilt, am Dienstagabend nach. „Sollte ich jemals Bundeskanzler werden, wird Christian Lindner nicht Finanzminister werden“, sagte Habeck.

Grünen-Fraktionschefin Dröge beklagte am Mittwoch einen schlechten Stil in der Koalition. „Die Art und Weise, wie diese Koalition zusammenarbeitet, dieser ständige Streit, die Konflikte, die immer wieder aufgemacht werden, das ist nicht unsere Erwartung als Grüne an Zusammenarbeit in einer Regierung“, sagte Dröge im Deutschlandfunk.

Getroffene Absprachen müssten verbindlich gelten, betonte Dröge. Sie nannte beispielhaft den Streit um den Bundeshaushalt für das kommende Jahr, um den es ungeachtet einer Einigung im Kabinett seit Monaten Streit innerhalb der Bundesregierung gibt. „Es geht einfach nicht, dass ein Bundeskabinett vor dem Sommer einen Haushalt verabredet und sich dann im Sommer wieder darüber streitet, ohne groß anderes Ergebnis.“

Anfang Juli hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf Eckpunkte für den Haushalt 2025 geeinigt, einige Tage später wurden diese im Kabinett verabschiedet. Aus allen drei Regierungsparteien kamen aber bereits kurz nach der Einigung Forderungen nach Nachbesserungen. 

Dröges Parteikollegin Irene Mihalic griff indirekt die FDP an. Es erschwere die Situation, „wenn sich ein Partner öffentlich ständig gegen die eigene Koalition profiliert“, sagte die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin der „Bild“. Der Streit und das viele Hin und Her gehe den Menschen „völlig zu recht auf die Nerven“.

Auch der SPD-Politiker Roth ärgert sich über den anhaltenden Streit in der Ampel-Koalition. Er möchte nicht, dass Deutschland als zentraler Akteur auf der internationalen Bühne faktisch ausfalle, weil es sich nicht mehr mit den wichtigen Fragen beschäftige, sondern Wahlkampf führe. „Also zusammenreißen, Arsch zusammenkneifen und jetzt regieren, sich zusammenhalten und danach können wir machen, was wir wollen“, forderte Roth bei RTL und ntv.

SPD-Chef Lars Klingbeil betonte, die deutsche Politik dürfe „nicht immer im Klein-Klein hängen bleiben, nicht in diesem gegenseitigen Streit“. Den Menschen müsse ein Weg aufgezeigt werden, wie „Deutschland ein starkes Land bleiben“ könne, sagte Klingbeil bei RTL und ntv. Mit Blick auf die Bundestagswahl in rund 13 Monaten brauche es „SPD pur und nicht dieses Durcheinander, das manchmal in der Regierung da ist.“

Kanzler Scholz hatte in den vergangenen Tagen Schwierigkeiten in der Koalition eingeräumt und die Koalitionspartner bei einem Auftritt in Bremen zu „gutem Benehmen“ ermahnt. In wie weit die internen Spannung am Mittwoch in der von Scholz geleiteten Kabinettssitzung zur Sprache kamen, wollte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner unter Verweis auf die Vertraulichkeit der Gespräche nicht mitteilen. 

Zur öffentlichen Debatte um die „Ampel“ sagte Büchner lediglich: „Der Bundeskanzler hat sich ja geäußert, andere haben sich auch geäußert, und so stehen diese Äußerungen für sich.“