Politik zu Messerattacken: Waffen und Migration: „Nach Solingen müssen alle Themen auf den Tisch“

Nach dem Anschlag von Solingen sind sich alle Parteien einig: Es muss mehr gegen Waffengewalt und Islamismus getan werden. Bei dem „Wie“ ist der Sound der kommenden Landtagswahlen zu hören. 

Der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag in Solingen mit drei Toten befeuert die Debatten um Waffenrechtsverschärfungen und den künftigen Kurs in der Migrationspolitik – und das eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. 

Das sagt die Union: CDU-Chef Friedrich Merz hat den Anschlag und die bisherigen Ermittlungsergebnisse zum Anlass für einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) genommen. Darin forderte er die Bundesregierung zu einer Kehrtwende in der Migrationspolitik auf. „Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen“, so Merz in der E-Mail, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. „In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter“, so Merz weiter.

CSU-Chef Markus Söder sieht Defizite bei den Behördenbefugnissen. „Wir haben nicht die richtigen Instrumente, um gegen Gewalt und auf Gewalt zu reagieren“, sagte er in der ARD. „Beim Auto werden Sie nämlich kontrolliert, anlasslos geht das. Bei Fußgängerzonen nicht.“

Islamistische Täter radikalisieren sich schnell

SPD-Chef Lars Klingbeil fordert ein Maßnahmenpaket gegen islamistischen Terrorismus. „Wir erleben immer wieder, dass sich Täter über wenige Monate im Internet radikalisieren“, sagte Klingbeil den Funke-Zeitungen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigt eine Bekämpfung des Islamismus „mit aller notwendigen Härte“ an. „Wir beraten intensiv, welche Instrumente wir zur Bekämpfung von Terror und Gewalt weiter schärfen müssen und welche Befugnisse unsere Sicherheitsbehörden in diesen Zeiten brauchen, um unsere Bevölkerung bestmöglich zu schützen.“ Faeser hatte bereits vor dem Anschlag in Solingen einen Gesetzesvorschlag zur Ausweitung von Messerverboten angekündigt.

Das ist über den Täter von Solingen bekannt 15.30

So sehen es die Grünen: „Für Mörder, Terroristen und Islamisten kann es keine Toleranz geben.“ Handle es sich etwa um Asylsuchende, hätten diese damit in Deutschland „den Schutzanspruch verloren“, sagt Vizekanzler Robert Habeck. Auch er forderte auch eine Verschärfung des Waffenrechts. Es müsse „mehr Waffenverbotszonen und strengere Waffengesetze“ geben. „Niemand muss im öffentlichen Räumen in Deutschland Stich- oder Hiebwaffen tragen. Wir leben nicht mehr im Mittelalter.“

„Nach Solingen müssen alle Themen auf den Tisch“

Das sagt die FDP, die eine Waffenrechtsverschärfung bisher kritisch sah: Nun deutet FDP-Justizminister Marco Buschmann Zustimmung an: „Nach Solingen müssen alle Themen auf den Tisch: Dabei ist das Waffengesetz kein Tabu“, so Buschmann bei X.

AfD-Chefin Alice Weidel schreibt bei X, das Problem müsse „an den Wurzeln gepackt werden“. Nötig sei eine „Migrationswende sofort“.

Ortsbesuch Solingen 9:27

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier meldet sich zu Wort und befürwortet einen besseren Schutz vor Angriffen. Im ZDF forderte er mehr Personal für die Sicherheitsbehörden, bei terroristischer Gefahr sei aber auch eine Ausweitung der Befugnisse etwa des Bundeskriminalamts denkbar. Außerdem ruft er zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf. „Es kommt jetzt darauf an, dass wir uns in Deutschland nicht auseinanderdividieren und spalten lassen.“

Am Sonntag wählen Thüringen und Sachsen

Die Hintergründe: Einen Tag nach dem Anschlag mit drei Toten und acht Verletzten, hatte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat die Tat für sich beansprucht. Kurz danach stellte sich ein 26-jähriger Syrer den Behörden. Der Generalbundesanwalt ermittelt, ein Haftbefehl wurde am Sonntag erlassen.

Die Debatten über die Lehren aus dem Anschlag wurden auch vor dem Hintergrund der Landtagswahlen in der kommenden Woche in Thüringen und Sachsen geführt. Einer Insa-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ zufolge könnte die AfD in beiden Bundesländern stärkste Kraft werden. In Sachsen kommt sie demnach auf 32 Prozent, in Thüringen lag sie bei 30 Prozent.