Der Weltmeister wird bei seinem Formel-1-Heimrennen in Red-Bull-Manier deklassiert. Dafür sorgt WM-Verfolger Norris. McLaren sucht Inspiration bei einem Deutschen.
In Panik verfällt Formel-1-Weltmeister Max Verstappen nicht. Die Rolle des Wachrüttlers nach der Abreibung in den Dünen durch Lando Norris übernahm dafür sein Förderer und Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. „Es ist alarmierend. Das Team muss härter arbeiten, oder beide Weltmeisterschaften sind in Gefahr“, wurde Marko vom Fachmagazin „Autosport“ nach dem ersten Rennen nach der Sommerpause zitiert.
Verstappen führt auch nach seinem fünften sieglosen Grand Prix am Stück die WM vor Verfolger Norris immer noch mit 70 Punkten an. Dafür ist der Vorsprung von Red Bull in der Konstrukteurs-WM auf 30 Zähler vor McLaren geschmolzen.
Marko: „Neunmal Zweiter werden, reicht nicht“
Aber die Ohrfeige, das waren die fast 23 Sekunden Rückstand, die Verstappen im Ziel auf Norris hatte. Der dreimalige Weltmeister wurde quasi in Red-Bull-Manier geschlagen. „Unsere Techniker müssen sich etwas einfallen lassen. Neunmal Zweiter werden, reicht nicht“, mahnte Marko.
Zandvoort, Verstappens Oranje-Heimspiel, ist ein Kurs, der McLaren besonders liegt. Dank des wirkungsvollen Upgrades mit einem neuen Heckflügel konnte es sich Norris am Ende sogar erlauben, mal wieder den Start zu verpatzen. Auf Strecken, auf denen Red Bull und McLaren enger beieinander liegen, darf sich der zweimalige Grand-Prix-Sieger aus England aber keine Patzer leisten. Verstappen dürfte diese dann gnadenlos bestrafen.
Verstappen warnt vor Panikmache
„Dieses Wochenende war einfach ein schlechtes Wochenende. Aber die letzten paar Rennen waren schon nicht wirklich fantastisch. Das war in gewisser Weise ein bisschen beunruhigend“, sagte Verstappen äußerlich aufgeräumt. „Aber wir wissen, dass wir nicht in Panik verfallen müssen. Wir versuchen, die Situation zu verbessern.“
Schon ab dem kommenden Wochenende in Monza sollen am Red Bull wieder ältere Teile verbaut werden, die in der Vergangenheit aber Leistung gebracht haben. „Wir haben immer noch einen komfortablen Vorsprung in der Fahrerwertung, aber in der Konstrukteurswertung sind einige Punkte weggefallen, also müssen wir reagieren“, beschied Red-Bull-Teamchef Christian Horner. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das können.“
Auf der Gegenseite ist die Frage: Hat Norris das Zeug, Verstappen vielleicht sogar in ein Finale um die WM zu zwingen. Sein Star-Fahrer habe „definitiv das Potenzial eines Weltmeisters“, befand McLaren-Teamchef Andrea Stella. „Er kann Weltmeisterschaften gewinnen. Das ist eine Aussage in Großbuchstaben“, betonte Stella.
Norris will Vettel nacheifern
Aber schon 2024? McLaren lässt sich bei der ersehnten Aufholjagd für die Geschichtsbücher kurioserweise von Red Bull inspirieren – genauer gesagt sogar von einem Deutschen. „Wir haben darüber gesprochen und uns angeschaut, was (Sebastian) Vettel 2013 gemacht hat. Wir haben gesagt, dass wir das Gleiche tun können, warum auch nicht?“, sagte Stella.
Vettel hat damals nach der Sommerpause – als aber ohnehin WM-Führender – die restlichen neun Saisonrennen gewonnen und sich schließlich zum vierten Mal nacheinander zum Weltmeister gekrönt. Der Red Bull des Hessen war damals jedoch auch das Nonplusultra der Branche – für Verstappen gilt das in dieser Saison nicht mehr.
Im Entwicklungswettrennen ist McLaren längst mindestens gleichauf. Und Norris will daraus weiter Kapital schlagen. „Ich muss besser werden. Ich habe das ganze Jahr über hart gearbeitet und liege immer noch 70 Punkte hinter Max. Es ist also ziemlich dumm, im Moment an irgendetwas zu denken“, meinte Norris zu seinen WM-Aussichten. „Ich gehe ein Rennen nach dem anderen an und mache so weiter wie bisher, denn es hat keinen Sinn, an den Rest zu denken. Der ist mir im Moment völlig egal.“