Kriminalität: Polizei: Frau auf Straße von Ex-Ehemann erstochen

Ein Mann greift seine Ex-Frau mit einem Messer an. Die 36-Jährige wird schwer verletzt und stirbt. Hat der Mann Rache an seiner früheren Ehefrau geübt?

Eine 36-jährige Frau ist in Berlin auf der Straße mutmaßlich von ihrem früheren Ehemann mit einem Messer getötet worden. Bei dem Angriff am Mittwochabend im Ortsteil Zehlendorf erlitt die Frau schwere Stich- und Schnittwunden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zunächst wurde sie wiederbelebt und im Krankenhaus notoperiert – dort starb sie dann. 

Der 50 Jahre alte Ex-Ehemann des Opfers wurde festgenommen. Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen von einer Beziehungstat aus, einem sogenannten Femizid oder angeblich „verletzter Ehre“ – also einer Tat eines Mannes als Rache an seiner früheren Frau, die ihn verließ, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der dpa sagte. Täter und Opfer sind Libanesen. Zusammen haben sie vier Kinder. 

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner, sagte der Zeitung „B.Z.“: „Zum Motiv lässt sich weiter sagen, dass wir davon ausgehen, dass der Täter sich durch die Trennung in seiner Ehre verletzt gefühlt hatte. Um diese wiederherzustellen, entschied er sich, seine Ex-Frau umzubringen.“

Zuvor schon gerichtliches Annäherungsverbot

In der Ehe habe es bereits mehrfach Fälle häuslicher Gewalt gegen die Frau durch den Mann gegeben. Schließlich habe sich die Frau getrennt und auch über ein Gericht eine Gewaltschutzverfügung und ein Annäherungsverbot erwirkt. Der Ex-Ehemann habe ihr aber am Mittwoch vor der Haustür aufgelauert und sie angegriffen, hieß es. 

Der tödliche Angriff ereignete sich auf dem Gehweg vor einem Wohnhaus in der Hampsteadstraße, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Eine Mordkommission des Landeskriminalamtes (LKA) ermittelt. 

Nach Berichten von „B.Z.“ und „Berliner Zeitung“ versammelten sich rund 50 Menschen vor dem Krankenhaus. Büchner äußerte sich dazu nicht, sagte aber: „Einen Clanzusammenhang kann ich nicht bestätigen.“

Urteile zu Femiziden in Berlin

Im vergangenen Jahr hatten Urteile zu Femiziden in Berlin für Aufmerksamkeit gesorgt. Zwei afghanische Brüder waren zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe wegen des Mordes an ihrer Schwester verurteilt worden. Laut Landgericht hatten die Brüder sie im Juli 2021 getötet, ihre Leiche in einem Koffer mit dem Zug nach Süddeutschland gebracht und dort in einem Wald vergraben. Der Mord geschah, weil die Schwester nach eigenen Vorstellungen leben wollte und das nicht den Moralvorstellungen der Familie entsprach. Das Urteil ist rechtskräftig.

Ebenfalls 2023 wurde der Ehemann einer sechsfachen Mutter zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte sie nach Überzeugung des Gerichts aus Rache ermordet. Auf offener Straße hat er demnach die Frau aus Afghanistan mit einem Jagdmesser attackiert – nur wenige Wochen nach ihrer Trennung. „Er hat die Frau als seinen Besitz betrachtet“, so der Richter im Urteil. „Er ist maßlos eigensüchtig, verschlagen, manipulativ und bösartig.“

Solche Gewaltverbrechen werden auch als Femizid bezeichnet. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind. Als häufigste Form gilt die Tötung von Frauen durch Partner oder Ex-Partner. 

GdP: Polizisten geraten bei Stalking-Betroffenen an ihre Grenzen

Die Gewerkschaft der Polizei spricht angesichts des Todes der Frau in Zehlendorf davon, dass Tötungen von Frauen ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft seien. „Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Wegweisung, zum Betretungsverbot und zur Ingewahrsamnahme von Tätern sind mit Blick auf die Anzahl von Plätzen in Frauenhäusern zu gering und greifen oftmals viel zu kurz“, so GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Polizistinnen und Polizisten gerieten immer wieder an ihre Grenzen, wenn es darum gehe, Betroffene von häuslicher Gewalt oder Stalking schnellstmöglich aus dem Gefahrenbereich zu bringen.