Die Tourismusbranche zieht eine kritische Zwischenbilanz der Urlaubssaison. Zwar sind die Übernachtungszahlen gestiegen, aber die Gäste geben im Urlaub weniger Geld aus.
Die Zahlen lassen aufhorchen: Nach einer aktuellen Umfrage des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern sind 42 Prozent der Gastgebenden mit dem bisherigen Verlauf der Hauptsaison unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden. Nur 37 Prozent zeigen sich zufrieden oder sehr zufrieden im Vergleich zum Vorjahr. An der Umfrage des Verbandes nahmen 300 Beherbergungsbetriebe, gastronomische Einrichtungen, Freizeitanbieter sowie Tourist-Informationen und Kurverwaltungen teil.
Gesunkene Erträge nennen 66 Prozent der Betriebe als Hauptgrund für ihre Unzufriedenheit. Als Gründe für den Nachfragerückgang sehen 90 Prozent der Unternehmen die gestiegene Preissensibilität der Gäste. Mit anderen Worten: Die Besucher geben im Urlaub weniger aus als früher. Die Konkurrenz von Reisezielen im Ausland nennen 55 Prozent als Grund.
MV legt stärker zu als der Bundestrend
Im Kontrast zu diesen sorgenvollen Einschätzungen stehen die Zuwächse bei Ankünften und Übernachtungen. Nach den Halbjahreszahlen des Statistischen Amtes gab es 3,4 Millionen Ankünfte, das war ein Plus von 4,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und bei den Übernachtungen einen Zuwachs um 2,4 Prozent auf 13,1 Millionen. Damit liege Mecklenburg-Vorpommern bei Übernachtungen leicht über dem bundesweiten Wachstum von 2,2 Prozent, hieß es.
Das stärkste Plus bei den Übernachtungen verzeichnet demnach die Region Westmecklenburg mit 4,7 Prozent. Auch der Städtetourismus boomt, in Schwerin stiegen die Übernachtungszahlen sogar um 21,9 Prozent.
Die Gästezufriedenheit sei ebenfalls noch einmal gestiegen: 72 Prozent der Betriebe schätzten sie als hoch bis sehr hoch ein, das sind sechs Prozent mehr als im Vorjahr.
Buchungen erfolgen immer kurzfristiger
„Das vergangene Jahr war das zweitbeste Reisejahr in der Geschichte unseres Bundeslandes. Der Trend setzt sich auch im ersten Halbjahr 2024 fort“, sagt Wirtschafts- und Tourismusminister Reinhard Meyer. Allerdings führe die allgemeine wirtschaftliche Lage dazu, dass Buchungen immer kurzfristiger erfolgten. Das stelle den Tourismus vor Herausforderungen.
„Hinzu kommt ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das zunehmend kritisch gesehen wird.“ Deshalb benötige der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern neuen Schwung – mit Investitionen in Infrastruktur und neue Angebote mit mehr Qualität in Service und Produkt, so Meyer.
43 Prozent der Stellen für Aushilfen sind unbesetzt
42 Prozent der touristischen Betriebe sind in dieser Saison vom Arbeitskräftemangel betroffen, zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil der unbesetzten Stellen ist gestiegen: Statistisch gesehen können nur sieben von zehn Vollzeitstellen besetzt werden, im Vorjahr waren es acht von zehn.
Am meisten fehlen den touristischen Betrieben Aushilfen: 43 Prozent der Stellen seien unbesetzt, 2023 waren es 31 Prozent. Besonders zu kämpfen hätten Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten. Den Arbeitskräftemangel bezeichnet Minister Meyer als die größte Herausforderung der Branche.
Höhere Mehrwertsteuer wurde auf Preise umgelegt
Wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer hätten 75 Prozent der Betriebe die Preise erhöht, 30 Prozent die Anzahl und Qualität der Speisen angepasst, sechs Prozent hätten die Öffnungszeiten verkürzt und vier Prozent Mitarbeitende entlassen.
Das individuelle Empfinden sei bei mehr und mehr Unternehmen eingetrübt, sagt Tobias Woitendorf, Tourismusbeauftragter des Landes und Geschäftsführer des Tourismusverbandes. Es werde immer wichtiger, konsequent auf Qualität, Nachhaltigkeit und Internationalität zu setzen. Dies seien die Wachstumsbeschleuniger der nächsten Jahre.
Nach Ansicht von Birgit Hesse, der Präsidentin des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, birgt der Herbst noch Chancen, viele Menschen für einen Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern zu begeistern – nicht zuletzt rund um den Tag der Deutschen Einheit, der in diesem Jahr in Schwerin gefeiert wird.