Kommunalsteuern: Gutachten: Keine Probleme mit differenzierter Grundsteuer

Die Qual der Wahl: Bringt die neue Freiheit für differenzierte Grundsteuersätze zugunsten von Wohnimmobilien den Kommunen Rechtsprobleme und Extrakosten? Das Finanzministerium hat dazu Neuigkeiten.

Das nordrhein-westfälische Finanzministerium sieht keine verfassungsrechtlichen Probleme, wenn die Kommunen unterschiedliche Grundsteuer-Hebesätze festlegen für das Wohnen und andere Zwecke. Dies habe ein Gutachten renommierter Staatsrechtsprofessoren ergeben, berichtete das Finanzministerium als Auftraggeber der Expertise. 

Der Landtag hatte den Kommunen im Juli mit einem neuen Gesetz die Option eröffnet, künftig statt eines einheitlichen Hebesatzes unterschiedliche Sätze für Wohn- und Geschäftsimmobilien festzulegen. Damit soll eine übermäßige Belastung der Eigentümer von Wohnimmobilien vermieden werden. Der Wert von Wohngrundstücken ist in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts im Vergleich zu Gewerbegrundstücken deutlich gestiegen.

Das Gutachten habe ergeben, dass der Landesgesetzgeber dazu nicht nur befugt gewesen, sondern dass er geradezu „den verfassungsrechtlichen Urzustand wiederhergestellt“ habe, erläuterte der Steuerexperte des Ministeriums Winfred Bernhard. „Er hat nämlich den Kommunen die Möglichkeit, die Hebesätze in einer größeren Reichweite herzustellen, wiedergegeben.“

Die Gutachter sähen auch keinen Verstoß darin, Wohnen und Nichtwohnen bei der Grundstücke ungleich zu belasten. „Es ist ein überragender Verfassungszweck, dass Wohnen vom Gesetzgeber oder von den staatlichen Institutionen gefördert wird“, sagte Bernhard. 

Ziel: Hohe Nebenkosten eindämmen 

Kommunen, die die Differenzierung nutzen möchten, müssten sich auch nicht auf komplizierte Begründungen einstellen. Bei einem Unterschied von bis zu 50 Prozent zwischen beiden Bereichen sähen die Gutachter zumindest gesetzlich keine Begründungspflicht, erläuterte der Steuer-Abteilungsleiter. Es sei ausreichend, das politische Ziel anzugeben, dass die hohen Wohnnebenkosten nicht weiter steigen sollen.

Natürlich bleibe die politische Diskussion im Stadtrat über die Höhe der differenzierten Hebesätze, räumte Bernhard ein. „Aber es ist besser, die Diskussion vor Ort zu führen als im Landtag“. Schließlich liege die Verantwortung dafür in der Gemeinde. 

Millionen-Finanzspritze für wechselwillige Kommunen 

Das Finanzministerium will den Kommunen auch die Sorge nehmen, differenzierte Grundsteuersätze informationstechnologisch nicht schnell genug umsetzen zu können. Tatsächlich seien die entsprechenden IT-Dienstleister vertraglich verpflichtet, neue Gesetze schnellstens umzusetzen, erläuterte Bernhard. Es gebe allerdings Teilbereiche, die vertraglich nicht abgedeckt und deswegen extra zu bezahlen seien. Dafür sei im Landeshaushalt Vorsorge getroffen worden, um die Kommunen im Gesamtumfang von vier Millionen Euro zu entschädigen. 

Die zum Jahresbeginn greifende Grundsteuerreform soll für die Kommunen „aufkommensneutral“ sein. Das heißt, trotz der veränderten Bemessungsgrundlagen sollen ihre Einnahmen insgesamt gleich bleiben. Um das zu gewährleisten, hat das Düsseldorfer Finanzministerium bereits eine Modelltabelle veröffentlicht, an der sich die Kommunen orientieren können. Diese Tabelle werde in der zweiten Septemberhälfte aktualisiert, kündigte Bernhard an. 

Nach Daten des Bundes der Steuerzahler hat in diesem Jahr bereits fast jede zweite Gemeinde in NRW ihren Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht.