Innerhalb weniger Tage sind in Berlin zwei Frauen bei Messerattacken getötet worden. Integrationssenatorin Kiziltepe sieht Handlungsbedarf und schreibt einen Brief – an den Bundeskanzler.
Berlin muss aus Sicht von Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe noch deutlich mehr für den Schutz von Frauen vor Gewalt tun. Das Thema habe für sie höchste Priorität, sagte die SPD-Politikerin im Ausschuss für Integration, Frauen und Gleichstellung bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause. „Ich habe deshalb gestern einen Brief verschickt an die zuständige Bundesfrauenministerin Lisa Paus, an den Bundesfinanzminister Christian Lindner und an den Bundeskanzler Olaf Scholz“, sagte Kiziltepe. „Der Bund muss endlich das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel, das Gewalthilfegesetz umzusetzen, auf den Weg bringen.“ Paus bereitet das Gesetz eigenen Angaben nach vor. Es soll demnach allen Betroffenen einen Schutzanspruch auf Hilfe einräumen.
Für den effektiven Schutz von Frauen sei ein verbindlicher Rechtsrahmen erforderlich, der auf Bundesebene geschaffen werden müsse, so Kiziltepe. In der vergangenen Woche waren in Berlin zwei Frauen innerhalb weniger Tage bei Messerattacken getötet worden. In beiden Fällen hält die Polizei jeweils den Ex-Partner für den Täter.
Kiziltepe sieht die Femizide als Alarmsignal
„Die Taten haben mich natürlich tief getroffen“, sagte Kiziltepe. „Für mich als Gleichstellungssenatorin sind diese Femizide ein Alarmsignal. Die Zahlen fürs letzte Jahr zeigen ja auch deutlich auf, dass wir hier hohe Steigerungsraten haben. Deshalb muss der Schutz von Frauen gegenüber Gewalt in Berlin noch wirkungsvoller werden.“
Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind. Als häufigste Form gilt die Tötung von Frauen durch Partner oder Ex-Partner. Im vergangenen Jahr sind laut einer Statistik des Bundeskriminalamts 155 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden – 22 mehr als im Vorjahr.
„Bei Gewalt gegen Frauen gibt es keine Kompromisse“
„Es braucht mehr Schutzräume. Wir brauchen mehr Hilfsangebote, wirksame Prävention und Strafverfolgung“, sagte Kiziltepe. „Und ich will auch hier ganz deutlich sagen, dass es beim Thema Gewalt gegen Frauen für mich keine Kompromisse gibt. Ich kann manchmal wirklich nicht verstehen, dass man anerkannte Instrumente teilweise aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht umsetzt.“ Der Schutz von Frauen müsse hier Vorrang haben.
Sie habe in dieser Woche einen Vier-Punkte-Plan zum Schutz von Frauen aufgestellt, so die Senatorin. „Dazu gehört neben der Forderung an den Bund, endlich das Gewalthilfegesetz auf den Weg zu bringen, eine elektronische Fußfessel für Gefährder, die Ausweitung von Fallkonferenzen sowie ein größeres Angebot von Täterkursen im Strafvollzug.“
„Es reicht eben nicht aus“
Kiziltepe wies darauf hin, dass ihre Senatsverwaltung den Schutz von Frauen in den zurückliegenden Monaten bereits ausgeweitet habe. „Wir haben mittlerweile 521 Schutzplätze für Frauen und sind mit den Planungen eines weiteren Frauenhauses weiter vorangeschritten“, sagte sie.
Unter anderem seien eine weitere Schutzwohnung bei der Stadtmission eingerichtet, Beratungsangebote ausgebaut und eine Hotline für häusliche Gewalt rund die Uhr erreichbar gemacht worden. „Also wir tun vieles, aber es reicht eben nicht aus – und deshalb müssen wir noch mehr tun.“