Luftverschmutzung: Sauberere Luft, aber gleiches Sterberisiko

Verschmutzte Luft führt jährlich zu Millionen von Todesfällen. Doch auch Verbesserungen in der Luftqualität sind nicht immer gleich ein Grund zum Aufatmen.

Sinkende Schadstoffkonzentrationen in der Luft führen nicht automatisch zu einem niedrigeren Sterberisiko. Das ist das Ergebnis einer internationalen Studie unter der Führung des Helmholtz Zentrums München. Dafür wurden Daten aus 380 Städten in aller Welt ausgewertet. Luftverschmutzung gefährdet aber nicht nur Millionen von Menschen. Sie beeinträchtigt etwa auch die Landwirtschaft, wie die Weltwetterorganisation (WMO) in einem aktuellen Bericht betont.

Für die Städte-Studie, die in der Fachzeitschrift „The Lancet Planetary Health“ veröffentlicht wurde, wurden Werte von Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) untersucht. Zahlreiche umfangreiche Studien belegen die schädliche Wirkung von Luftschadstoffen. Feinstaub wird in der Lunge absorbiert und kann im Körper Entzündungsreaktionen auslösen. Das fördert unter anderem Arteriosklerose und damit eine Vorstufe von Herzinfarkt und Schlaganfall.

Dabei ist nicht die gesamte Luftverschmutzung direkt durch den Menschen bedingt – Wüstenstaub und Emissionen durch Waldbrände zum Beispiel. Durch den Menschen verursachte Schadstoffe gehen insbesondere auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zurück, auch Feinstaub aus dem Abrieb von Reifen und Bremsen stellt ein Gesundheitsrisiko dar.

Luft wird sauberer, Sterberisiko bleibt gleich

Laut den Forschern hat die Konzentration dieser Schadstoffe in der Luft in den untersuchten Städten zwischen 1995 und 2016 abgenommen. Das Risiko von tödlichen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Atemorgane im Zusammenhang mit Feinstaub und NO2 sei hingegen nicht signifikant gesunken, hieß es.Das könnte verschiedene Ursachen haben. Einerseits werde die Bevölkerung in vielen Regionen zunehmend älter, und ältere Menschen seien stärker gesundheitlich vorbelastet als jüngere, sagte der Erstautor der Studie, Maximilian Schwarz. Andererseits könnten Veränderungen bei der Herkunft und Zusammensetzung der Schadstoffe eine Rolle spielen.

Millionen Tote jedes Jahr 

Luftverschmutzung verursacht nach WMO-Angaben jährlich mehr als 4,5 Millionen vorzeitige Todesfälle und hohe wirtschaftliche und ökologische Kosten. Sie hat zahlreiche Komponenten. „Die chemischen Stoffe, die zu einer Verschlechterung der Luftqualität führen, werden normalerweise gemeinsam mit Treibhausgasen ausgestoßen“, berichtet die WMO. Schadstoffe wie Stickstoffverbindungen, Schwefelverbindungen oder Ozon können sich auf der Erdoberfläche absetzen und belasteten die Natur. 

Luftverschmutzung beeinträchtigt Landwirtschaft 

Berichte aus China und Indien legten nahe, dass Feinstaub Ernten in besonders belasteten Gegenden um 15 Prozent reduzieren können. Unter anderem komme durch Feinstaubablagerungen weniger Sonnenlicht auf Pflanzenblätter. 

Die Landwirtschaft trage auch selbst zur Luftverschmutzung bei, weil beim Abbrennen von Feldern, dem Einsatz von Düngemitteln und der Lagerung und Verwendung von Dung Feinstaub entstehe. 

Lichtblick Europa und China 

In Europa und China sei die Luft im vergangenen Jahr besser gewesen als im langjährigen Durchschnitt, berichtete die WMO. Dagegen hätten Waldbrände in Nordamerika dort für besonders schlechte Luft gesorgt. 

Die WMO hat unter anderem Ergebnisse aus Feinstaub-Messungen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus und der US-Raumfahrtbehörde Nasa mit dem Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2023 verglichen.

Sie bezieht sich dabei auf Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer (PM2,5). Er ist gefährlich, weil die feinen Partikel tief in die Atemwege eindringen, dort länger bleiben und die Lunge nachhaltig schädigen können. 

Erklärung zur Studie

Bei der Städte-Analyse handelt es sich um eine epidemiologische Studie. Diese ermitteln den statistischen Zusammenhang zwischen Risikofaktoren wie der Feinstaub-Belastung und gesundheitlichen Auswirkungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Über den Vergleich von Gruppen, die der vermuteten Ursache in unterschiedlichem Maße ausgesetzt sind, lassen sich begründete Annahmen zu solchen Zusammenhängen ableiten. 

Epidemiologische Studien zeigen Korrelationen, keine Kausalitäten, sagen also nichts über ursächliche Zusammenhänge aus. Ergebnis ist eine statistische Abschätzung, keine exakte Angabe zu klinisch identifizierten Todesfällen. Der tatsächliche Wert kann sowohl höher als auch niedriger liegen.

Studie