Luke Mockridge entschuldigte sich nach seinen Behinderten-Witzen im Podcast „Die Deutschen“. Die Hosts dagegen haben absolut nicht verstanden, wo das Problem liegt.
Hallo, Sie! Ja, genau Sie! Wollen Sie auch ein Möchtegern-Internet-Märtyrer werden? Kein Problem, befolgen Sie einfach diese drei Schritte:
Treffen Sie eine beleidigende, diskriminierende oder menschenfeindliche Aussage im Internet, am besten in einem Podcast.Warten Sie auf die Kritik von Betroffenen, nutzen Sie die Aufmerksamkeit, um für sich zu werben, aber äußern Sie sich nicht.Laden Sie eine halbgare Entschuldigung hoch und schieben Sie den Shitstorm auf diese verdammte „Cancel Culture“, die sie angeblich mundtot machen will.
Herzlichen Glückwunsch! Sie sind jetzt ein Möchtegern-Internet-Märtyrer! Pflegen Sie dieses Image ab jetzt so oft, wie es geht. Betonen Sie immer wieder, wie sehr diese verdammte Woke-Bubble Sie zerstören wollte und dass Sie trotzdem standhaft geblieben sind. Sie sind ein Held! Reden Sie sich das gerne selbst so oft wie möglich ein!
„Die Deutschen“ mit Luke Mockridge: Humor allein ist kein Kontext
Ziemlich genau so haben die beiden Gastgeber des Podcasts „Die Deutschen“ – Nizar Akremi und Shayan Garcia – reagiert, als sie für ihre Folge mit Luke Mockridge kritisiert wurden. Die Kritik an ihren behindertenfeindlichen Witzen? Alles Hetze! Die Konsequenzen, die sie zu spüren bekommen haben? Alles „Cancel Culture“! PAID Luke Mockridge Humorgrenzen 14.23
Es ist die denkbar einfachste Art mit einer solchen Situation (nicht) umzugehen. Der Shitstorm, der über die beiden und ihren Gast Mockridge hereingebrochen ist, sei übertrieben. Es sei ja alles nur ein Witz gewesen. Und der Internet-Mob würde ja einfach den Kontext außer Acht lassen, weil die beiden sich ja über alles lustig machen und weil die Menschen ihren Humor nicht verstehen würden.
Humor allein ist aber kein Kontext. Natürlich kann man Witze über Behinderte machen. Moritz Neumeier, Serdar Somuncu, Ricky Gervais … es gibt kaum einen Comedian, der noch nie Gags über Minderheiten gemacht hat, egal aus welcher politischen Richtung er kommt. Aber in den meisten Fällen hatten diese Witze eine zweite Ebene, eine Message, die über die reine Beleidigung hinausgeht. Moritz Neumeier zum Beispiel fragte in seinem Programm: „Ist es schlimmer, dass ich die Witze mache, oder dass Sie darüber lachen?“ In dem Moment wurde es schnell ruhig im Saal.
Serdar Somuncu tourte jahrelang mit dem Mantra „jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung“ durch die Lande. Aber er nutze es nicht, um einen Freifahrtschein zu bekommen, auf diese Minderheiten zu treten, sondern um wirklich jedem im Saal vorzuhalten, wie es ist, wenn über ihn gelacht wird. Eine Demokratisierung des Humors.
Wer in der Öffentlichkeit steht, darf kritisiert werden
Akremi und Shayan beschweren sich darüber, dass manche Menschen sich von ihrem Witz (!) angegriffen fühlen und das sogar öffentlich kritisieren. Und genau das ist das Problem, das sie offenbar nicht verstehen: Wer in der Öffentlichkeit steht, wer sich vor einem so großen Publikum äußert, muss damit rechnen, dass sein Handeln auch Kritik und Konsequenzen nach sich ziehen kann. Comedians haben keinen Anspruch darauf, davon ausgenommen zu sein. Mit einer „Cancel Culture“ hat das absolut nichts zu tun.
Neue Stellungnahme zu Luke Mockridge 10:30
Es werfe den ersten Stein, wer noch nie einen geschmacklosen Witz am Stammtisch gemacht hat. So etwas kann passieren. Im Suff, im Übereifer, in einem Moment der Hemmungslosigkeit. Und es ist auch kein Problem, solange man sich hinterfragt, wenn man dafür kritisiert wird.
Den mutmaßlichen „Woke-Mob“ hätten „Die Deutschen“ einfach abfangen können. Ein kurzes Statement, ein Versprechen sich die Passage nochmal anzuschauen und mit den Betroffenen zu reden, fertig. Sich aber jetzt hinzustellen und zu jammern, weil die anderen ja alle die Bösen sind, zeugt nur von zwei selbstverliebten Charakteren, die mit Kritik genauso wenig umgehen können wie mit ihren Handwerk Humor.