Stefan Raab: Halleluja, er bringt uns Brot und Spiele zurück

Vor der Arena: Volksfeststimmung. In der Arena und bei Millionen Zuschauern die Hoffnung: Rettet da einer mit seinem Comeback das Unterhaltungsfernsehen?

Schon seltsam, wie schnell man sich wieder aneinander gewöhnt. Da sitzt er einem gegenüber auf dem Podium dieser Pressekonferenz, und es wirkt fast so, als wäre er nie weg gewesen, als hätte er das Rampenlicht nie verlassen. Sein Gesicht wirkt noch etwas mitgenommen. Im grellen Licht der Kameras erscheint es fast wie eine zerbeulte, hastig geschminkte Tomate. Doch diese Blessuren werden von dem typischen Raab-Grinsen überstrahlt – dem „Schaut-mal-wie-viele-Zähne-ich-habe“-Lächeln, das sofort vertraut wirkt und das außer Raab nur Jürgen Klopp so formvollendet beherrscht.

Vor allem wirkt Stefan Raab ganz wie der Alte, als er mit viel Selbstbewusstsein und weniger Ironie verkündet, worum es an diesem Abend eigentlich schon die ganze Zeit im Kern ging. „Hier ist fast eine ganze Generation ohne gute Unterhaltung ausgekommen. Deshalb habe ich mich in der Verantwortung gesehen, das zu ändern“, erklärt er. Schon kommende Woche wird seine neue Show „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ erstmals bei RTL+ zu sehen sein. Weitere Shows sollen folgen. Seine TV-Rente ist vorbei. 

Stefan Raab und der graue Bart

Der graue Bart von Stefan Raab ist natürlich gewöhnungsbedürftig und sorgte bereits beim Boxkampf auf den Rängen in der Arena für Diskussionen. Eine Frau um die 40, Werberin aus Solingen, für die Raab über Jahre der Messias des Unterhaltungsfernsehens war, sagt treffend, dass dieser Bart ein wenig an den von Hans-Werner Sinn erinnere, diesen biederen, drögen Wirtschaftsprofessor. Eine solche Assoziation ist eine, die man sich eigentlich nicht wünscht, wenn man die Wiederauferstehung von Stefan Raab als Retter des Unterhaltungsfernsehens miterleben möchte.Zuschauerreaktion zur Raabs Rückker

Die Gerüchte, dass es an diesem Abend nicht nur um den Boxkampf zwischen Stefan Raab und Regina Halmich, der dritten Auflage, sondern auch um die Verkündung seiner neuen Showkarriere gehen würde, gab es schon seit Wochen. Angeblich soll Raabs Firma „Raab Entertainment“ satte 90 Millionen Euro von RTL Deutschland erhalten haben, und er arbeite bereits seit Monaten an neuen Show-Ideen.

Für das Publikum war das Medien-Kohle-Geplapper allerdings nebensächlich. Vor der Halle herrschte Volksfeststimmung, viele Männergruppen in Länderspielstimmung, dazwischen immer wieder Paare, die sich nostalgisch an eskapistische Fernsehabende mit Stefan Raab als Spielleiter erinnern, der für zwei Stunden vergessen ließ, dass man am nächsten Tag wieder ins Büro muss. Aber das ist ja das Dilemma: Wer fährt heute noch mit einem Wok eine Bobbahn herunter? Wer holt uns nach den vielen kargen Jahren endlich wieder einen Grand-Prix-Sieg nach Deutschland? Wer entzündet wieder das große Unterhaltungslagerfeuer, um das wir uns am Samstagabend versammeln können? Für die 13.000 Zuschauer hier vor der Düsseldorfer PSD Dome Arena gibt es nur eine Antwort: Stefan Raab, diese spezielle Job-Qualifikation hat nur einer in Deutschland.

Aber die wahrscheinlich am meisten diskutierte Frage unter den Zuschauern lautete: Wie würde Stefan Raab überhaupt aussehen? So fett und aufgedunsen wie der Typ in den Instagram-Videos, die zuvor im Umlauf waren? Oder vielleicht auch so durchtrainiert wie ein Profiboxer? Denn Raab ist vor allem dafür bekannt, dass er nur schwer verlieren kann und wahnsinnig ehrgeizig ist.

Raab-Anekdote: Mit dem Motorroller zum FC Köln

Man wusste nichts über sein Aussehen. Niemand hatte Hinweise dazu. Denn Stefan Raab war ein Phantom geworden, einer der bekanntesten Deutschen ohne Gesicht, jedenfalls in den vergangenen zehn Jahren, seitdem er sich aus dem Fernsehen verabschiedet hatte. Es gab keine aktuellen Fotos von ihm, was zu den besten Geschichten darüber führte, wie es ihm gelungen war, unsichtbar zu bleiben.Das Comeback von Stefan Raab in Bildern

Die beliebteste Anekdote am Abend des Boxkampfs besagte, dass Raab immer mit einem Motorroller zu den Heimspielen seines Vereins, des 1. FC Köln, fährt. Angeblich parkt er seinen Roller neben dem VIP-Eingang und fährt, ohne den Helm abzunehmen, im Fahrstuhl hoch in seine eigene Lounge. Erst wenn die Tür sich hinter ihm schließt, nimmt er den Helm ab.

Den sehnsüchtig erwarteten Moment, in dem er schließlich wieder sein Gesicht zeigte und zurück ins Rampenlicht trat, reizte Raab bis kurz vor 22 Uhr aus. Zuvor legten Weggefährten wie Campino, Markus Lanz, Anne Will und viele andere Zeugnis davon ab, was für ein Entertainment-Genie dieser Raab doch gewesen sei, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Und wäre es noch etwas länger so weitergegangen, hätte man eher das Gefühl gehabt, man nehme an einer Gedächtnisfeier als an einem Comeback teil.

Und dann war er plötzlich da, auferstanden von den Toten, er warf die Kapuze seines Boxermantels vor den Kopf: 13.000 Zuschauer schauten auf die gigantischen Leinwände, die über den Boxringen hingen. Die Frage war: Ist er das jetzt wirklich? Im ersten Augenblick wirkte Stefan Raab wie eine KI-Figur auf den Leinwänden. Älter, muskulöser, etwas grauer auf dem Kopf. Doch nach einem sehr kurzen Moment der Ungewissheit, tobte ein gewaltiger Jubel durch die Halle.

 Ja, Stefan Raab ist wieder da, zurückgekehrt, um uns Brot und Spiele zu bringen. Halleluja!

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