Niederösterreich: Bürgermeister aus überfluteten Kamptal: „Man kann es sich kaum vorstellen“

Das Hochwasser hat in Österreich, Tschechien und Polen ganze Orte überflutet. Einer ist Gars am Kamp in Niederösterreich. Bürgermeister Martin Falkner berichtet.

Das Kamptal in Niederösterreich ist eine der am heftigesten vom Hochwassser betroffenen Region in Niederösterreich. Schon am Sonntagmorgen war das gesamte Bundesland zum Katastrophengebiet erklärt worden. Die Gemeinde Gars, etwa 3500 Einwohner, wirbt mit einer „zauberhafte Landschaft“, die von „Wasser, Wald und Wiesen“ geprägt sei – im Moment allerdings überwiegt das Wasser und hat den Rest überflutet. Ein Anruf bei Bürgermeister Martin Falk.

Herr Bürgermeister Falkner, wir erreichen Sie gerade bei einem Feuerwehreinsatz in ihrer überschwemmten Gemeinde Gars am Kamp. Wie ist die Lage?
Wir haben dramatische Stunden hinter uns, gestern Abend hat der Kamp seinen bisherigen Höchststand erreicht. Schon vorgestern mussten wir 155 Personen aus der Gemeinde evakulieren, haben 60.000 Sandsäcke mit 420 Tonnen Sand gefüllt. Heute nacht könnte der Pegel noch einmal steigen, die Gefahr ist nicht gebannt. Unsere Feuerwehren und die Verwaltungen, das möchte ich hier betonen, erbringen derzeit Höchstleistungen. Nur dadurch werden wir vermutlich mit einem blauen Auge davonkommen. Für die Menschen, deren Zuhause überflutet wurde, ist das allerdings nur ein schwacher Trost. Wenn man eine Ausnahmesituation wie diese nicht erlebt hat, kann man es sich kaum vorstellen.  

Martin Falk ist seit 2019 Bürgermeister des Gemeinde Gars am Kamp. Der
© Gemeinde Gföhl

Wie viele Häuser sind denn betroffen?
Etwa 80 Häuser und Objekte.

Wie sehr hat Sie dieses Hochwasser überrascht? Der ORF-Wetterbericht vor den Regenfällen klang noch sehr harmlos und spielte die drohende Niederschlagsmenge launig herunter. 
Nein, wir sind gut vorbereitet und auch gut informiert gewesen. Ich bin bereits seit Donnerstag im Einsatz. Die Bevölkerung ist außerdem sensibler geworden und reagiert. Wir hatten im Jahr 2002 hier ein Jahrhunderthochwasser, aus dem wir gelernt haben.

Was genau?
Die Evakuierung ist uns sehr schnell gelungen, innerhalb nur vier Stunden waren die Menschen aus der Gefahrenzone raus. Für einen Bürgermeister ist das eine der schwierigsten Situationen, den Leuten klarzumachen, dass sie ihr Haus zurücklassen müssen. Der Großteil ist bei Verwandten untergekommen, wir haben aber auch in der Schule eine Notschlafstelle eingerichtet. Man merkt aber, dass diese Region inzwischen hochwassererprobt ist.

Gibt es aus Ihrer Sicht Verfehlungen, hätte die Politik dieser Katastrophe besser entgegensteuern können?
Nein, wir sind gut vorbereitet.

Anders als 2002 trifft es auch die Bundeshauptstadt, wo sich der brave Wien-Fluß in einen reißenden Strum verwandelt hat und Teile des Stadtteils Penzing evakuiert werden mussten. Kriegen Sie trotz der eigenen Lage ein Gesamtbild mit?
Das kann ich schwer beurteilen. Natürlich schaue ich Nachrichten, und es ist klar, dass es seit mindestens 60 Jahren kein vergleichbares Hochwasser gegeben hat. Aber jetzt bin ich vor allem in meinem Einsatzgebiet gefordert.