Die Wahlerfolge der AfD beunruhigen viele Menschen – darunter viele Menschen mit Migrationshintergrund. Migranten- und Flüchtlingsorganisationen in Sachsen-Anhalt sind besorgt.
Migranten- und Flüchtlingsorganisationen in Sachsen-Anhalt fürchten nach dem Rechtsruck bei den Europa- und Kommunalwahlen eine Zunahme antidemokratischer Tendenzen. Sollte die AfD in eine Regierungsposition kommen, sei die Finanzierung der Organisationen bedroht, sagte Michael Bertram vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni. „Die AfD hat sich in der Vergangenheit regelmäßig durch rassistische Politik ausgezeichnet – durch Stimmungsmache und Propaganda gegenüber geflüchteten Menschen.“
Bedrohungslage bereits heute spürbar
Dies habe zur Folge, dass sich immer mehr Menschen – auch solche mit Aufenthaltsrecht – das Bundesland verließen. „Das sind Menschen, die Integrationsperspektive haben, die auch im Arbeitsmarkt integriert und zum Teil auch schon verwurzelt sind.“ Dem Flüchtlingsrat zufolge ist bereits eine Bedrohungslage spürbar. So würden mehr körperliche Übergriffe auf Migranten registriert. Der am Dienstag in Berlin veröffentlichte Verfassungsbericht für 2023 zeigte, dass es in Sachsen-Anhalt die meisten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten in Deutschland gab.
„Was die AfD jetzt schon erreicht, ist, den anderen Parteien ihre Politik ein Stück weit zu diktieren“, sagt Bertram. Dadurch werde nichts mehr angefasst, „was im öffentlichen Diskurs als wohlwollend gegenüber geflüchteten Menschen interpretiert werden könnte“. Bertram befürchtet, dass Regelungen wie das Chancenaufenthaltsrecht künftig nicht mehr möglich sein werden.
Appell für ein offenes Sachsen-Anhalt
Die Angst vor einem Rechtsruck im Land spürt auch Mamad Mohamad, der Geschäftsführer des Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA). Sprüche wie „irgendwann bist du weg“ seien inzwischen keine Ausnahme mehr. Laut Mohamad muss die Zivilgesellschaft im Land gestärkt werden. Rassismus sei kein Randphänomen. Außerdem müsse ein Problembewusstsein geschaffen werden.
Mohamad zufolge ist der Osten Deutschlands „kein Einwanderungsland, sondern ein Zuweisungsland“. „Nur ein Prozent der bundesweiten Migranten wohnen in Sachsen-Anhalt.“ Von der Politik fordert das Landesnetzwerk ein klares Bekenntnis zur Migration. Zudem müsse mehr Teilhabe gewagt werden. Sowohl in der Landesregierung als auch in der Kommunalpolitik gebe es kaum Menschen mit Migrationshintergrund.