Justiz: Lange Haft für Mordversuche an Obdachlosen-Helferinnen

In einer Obdachloseneinrichtung in Düsseldorf greift ein Stammgast die Leiterin und eine Mitarbeiterin an. Beim Strafmaß geht das Landgericht noch über die Forderung des Staatsanwalts hinaus.

Für Mordversuche an zwei Mitarbeiterinnen der Obdachlosenhilfe in Düsseldorf ist ein 40-Jähriger zu 13 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung der Richter hatte der Angeklagte Mitte Juni unvermittelt und heimtückisch auf die beiden völlig überraschten Frauen eingestochen. Es war nicht seine erste Tat dieser Art. Mit dem Strafmaß ging das Gericht um zwei Jahre über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus.

Der Mann hatte bei der Heimleiterin eine Beschwerde loswerden wollen. Als diese ihn um etwas Geduld bat, stach er nach Überzeugung des Gerichts zu. In einem Café der Einrichtung soll er dann mit den Worten „Wir haben auch noch eine Rechnung zu begleichen“ auf die 61-jährige Mitarbeiterin eingestochen haben. Ihr muss er nun 40.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. 

Die Frau hatte vor Gericht erklärt, der Mann sei Stammgast gewesen. „Der war regelmäßig – eigentlich jeden Morgen – da. Er hat gefrühstückt und auch an dem Morgen wie sonst auch seine vier Eier bekommen.“ Sie habe nie Ärger mit ihm gehabt, bis er ihr das Messer in den Hals rammte. 

„Ich dachte, ich sterbe“

Ähnlich äußerte sich die Leiterin der Einrichtung: „Ich weiß nicht, warum er mich umbringen wollte. Ich hab‘ um mein Leben gekämpft“, hatte sie unter Tränen als Zeugin ausgesagt. „Ich dachte, ich sterbe.“

Erst kurz vor der Urteilsverkündung hatte der vorbestrafte Obdachlose die Tat gestanden. „Ja, ich bin das gewesen. Nur umbringen wollte ich niemanden“, sagte er, nachdem er zuvor während des Prozesses zu den Tatvorwürfen geschwiegen hatte. 

Der Verteidiger hatte eingeräumt, dass die Beweislage erdrückend sei. Er hatte kein konkretes Strafmaß gefordert. „Wir haben am Tötungsvorsatz keine Zweifel“, sagte der Vorsitzende Richter Rainer Drees. Das Motiv für die Attacke blieb ungeklärt. 

Massives Aggressionsproblem

Es sei nicht das erste Mal, dass der Obdachlose zugestochen habe, berichtete der Staatsanwalt. Wegen einer vergleichbaren Tat habe er schon vier Jahre und sieben Monate in Haft gesessen. Das Amtsgericht Lübeck habe ihn nach einem weiteren Vorfall ein „massives Aggressionsproblem“ attestiert. 

Bei seiner Festnahme noch in der Nähe des Tatorts hatte der 40-Jährige betont, weder unter Alkohol- noch unter Drogeneinfluss zu stehen. Eine Blutalkoholkontrolle ergab bei ihm einen Wert von 0,1 Promille. Hinweise auf eine mögliche Schuldunfähigkeit des Mannes hätten sich nicht gefunden. Der Obdachlose hatte sich allerdings nicht von einem Psychiater untersuchen lassen wollen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.