Der Fachkräftemangel in Sachsen erstreckt sich nach Angaben der Kammern auf alle Bereiche. Aber nicht nur das Potenzial an ausländischem Personal müsse gehoben werden, auch im Inland gebe es Reserven.
Der sächsische Arbeitsmarkt ist nach Einschätzung der Kammern dringend auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammer im Freistaat sprechen sich nach einer Befragung ihrer Mitgliedsunternehmen dafür aus, die Internationalisierung der Belegschaften voranzutreiben. Dafür brauchen man ein modernes Standortmarketing, wettbewerbsfähige Gehälter, attraktive Steuern, weniger rechtliche Vorgaben und eine gute Willkommenskultur in Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft, sagte Lukas Rohleder, Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden.
Derzeit brächen leider noch zu viele Azubis mit ausländischen Wurzeln ihre Ausbildung wegen Sprachproblemen ab, hieß es. Viele kämen in den Berufsschulen wegen sprachlicher Defizite nicht mehr mit. Rohländer bezweifelte, dass die auf dem Arbeitsmarkt entstehende Lücke an Fachkräften allein durch ausländische Arbeitnehmer gefüllt werden kann. Der internationale Wettbewerb sei hart. „Es ist daher umso wichtiger, die enorm große Zahl an Personen mit Flucht- und Asylhintergrund im Land deutlich genauer unter die Lupe zu nehmen und als echtes Potenzial für Ausbildung und Beruf zu betrachten.“
Laut Statistik fehlen dem sächsischen Arbeitsmarkt durch Altersabgänge bis 2030 rund 300.000 Arbeitskräfte, bis 2035 sogar 400.000. Wenn man die erwarteten Zugänge dazurechnet, wird die Lücke immer noch auf 150.000 bis 180.000 Arbeitnehmer geschätzt. Die Kammern plädieren dafür, verstärkt auch inländische Potenziale auszuschöpfen. Dazu gehörten unter anderem flexiblere Rentenmodelle und steuerliche Anreize für das Arbeiten jenseits des Renteneintrittes hinaus nötig. „Zudem gilt der Grundsatz: Arbeit muss sich lohnen“, erklärte Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden. Arbeit müsse auf jeden Fall attraktiver sein als der Bezug von Sozialleistungen.
„Um die Teilzeitquote zu senken, ist die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zwingend erforderlich, beispielsweise durch flexible und verlässliche Kinderbetreuung“, betonte Brzezinski. Auch innerbetriebliche Weiterbildung berge ein großes Potenzial. Etwa Dreiviertel der befragten Unternehmen böten ihren Mitarbeitern bereits Maßnahmen für eine bessere Work-Life-Balance an.