Steuerzahlerbund: Nutzlose Gerüste und Uralt-Telefonie: Steuergeld verplempert

Der Bund der Steuerzahler hat wieder Fälle laxen Umgangs mit Steuergeld gesammelt. Es geht etwa um nutzlose Baugerüste und einen fragwürdigen Lärmschutzplan.

Baugerüste, die monatelang herumstehen und Lärmschutzpläne für einen Acker: Der Bund der Steuerzahler setzt sich für einen sparsamen Umgang mit den Steuergeldern ein. Dazu zählt auch, vermeintliche oder echte Fälle von Steuerverschwendung im jährlich erscheinenden Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung“ anzuprangern. Auch diesmal ist der Bund in Nordrhein-Westfalen mit zahlreichen Beispielen fündig geworden und feierte zugleich einen Erfolg: Die Stadt Burscheid baut eine fragwürdige Aussichtsplattform nach anhaltender Kritik nun doch nicht, wie der Verband mitteilte. 

Telefonie

Die Stadt Aachen hat fast 20 Jahre lang mit alten Telefonverträgen telefoniert, ohne zu prüfen, ob sie durch eine Neuausschreibung viel Geld hätte sparen können. Das rügte erst das städtische Rechnungsprüfungsamt und nun auch der Steuerzahlerbund. Als Grund für die Treue zum Altvertrag gab die Stadt – neben Personalmangel – die Komplexität der Telefondienstleistung durch „regelmäßige Auslandstelefonie ins Dreiländereck und zum Beispiel auch durch Rufumleitungen für im Ausland wohnende Mitarbeiter an. 

Deshalb läge der wirtschaftliche Vorteil jedenfalls nicht ohne weiteres auf der Hand. Dass die Stadt die konkreten wirtschaftlichen Folgen ihres jahrelangen Nichtstuns nicht beziffern könne, sei nachvollziehbar. Aber der Versuch, den Steuerzahlern einzureden, dass es vielleicht gar keinen Schaden gebe, sei ärgerlich, so der Bund.

Terminals in Duisburg seit Jahren nicht im wirtschaftlichen Betrieb

In Duisburg bestellte die Deutsche Bahn 2006 für 60 Millionen Euro zwei Terminals für den Güterumschlag im Binnenhafen. Nach dem Bau habe 2016 der Probebetrieb begonnen. Auf den wirtschaftlichen Betrieb müssten die Steuerzahler aber immer noch warten – die Terminals stünden im Wesentlichen nur „so da“, hieß es vom Steuerzahlerbund. Denn auf die 2006 mitbestellte Straßenanbindung habe man später wegen der Finanzkrise 2008 verzichtet. 

Doch ohne Straßenanbindung seien solche Terminals nicht gefragt. So musste nachträglich doch noch eine Straße geplant und gebaut werden. Im Mai 2024 sei das Terminal weiterhin nicht vollumfänglich in Betrieb gewesen, weil die Straßenanbindung noch nicht fertiggestellt gewesen sei. Acht Jahre nach dem Beginn des Probebetriebs seien die Terminals somit immer noch von einem wirtschaftlichen Betrieb entfernt. 

Mitte Dezember werde das Terminal nun auch zur Straßenseite angebunden und dann vollumfänglich in Betrieb gehen, teilte eine DB-Sprecherin auf dpa-Anfrage mit. „Die Verzögerungen beim Straßenbau zur Anbindung des Terminals bedauern wir.“ Gründe für die Verzögerung beim Straßenbau seien Kampfmittelfunde gewesen. Die Arbeiten hätten deswegen in enger Abstimmung mit den Ordnungsbehörden, dem Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung und unter Begleitung eines Feuerwerkers stattfinden müssen.  

Goldener Spazierstock 

Das vorzeitige Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) wird die Steuerzahler nach Berechnungen ihrer Interessenvertretung mindestens 700.000 Euro kosten. Zwar sollen persönliche Verfehlungen der Grund für den Abgang sein, die aber wohl nicht für eine Kündigung des noch dreieinhalb Jahre laufenden Vertrags taugten. Die Steuerzahler hätten ein Recht darauf zu erfahren, was dieser vorzeitige Abgang koste – der VRR reagiere darauf aber mit Heimlichtuerei und habe die Kosten bislang nicht beziffert, so die Kritik. 

Monheimer Eventbus

Mit einem Reisebus machten die Monheimer Verkehrsbetriebe privaten Busunternehmen Konkurrenz. Der Bund der Steuerzahler sieht einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung: Sport- und Karnevalsvereine durch die Lande zu kutschieren, sei kein öffentlicher Zweck, Event-Logistik sei keine öffentliche Aufgabe. Private Reiseanbieter seien in der Lage, eine solche Dienstleistung professionell und wirtschaftlich zu erbringen. Der Landrat als Kommunalaufsicht und die Stadt hätten das leider anders gesehen. 

Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann nannte den Vorwurf, es läge kein öffentlicher Zweck vor, haltlos. Wer mit dem Bus befördert werden wolle, müsse dies entsprechend bezahlen. Die Stadt erwirtschafte mit dem Angebot sogar Gewinn. Es werde somit auch kein Steuergeld verschwendet. Das Angebot sei geprüft und für rechtmäßig befunden worden. 

Teurer Brückenbau 

Der Neubau einer Brücke über den See im Selbachpark in Hamm wird fast doppelt so teuer wie geplant. Notwendig sei die Brücke an dieser Stelle nicht, so die Sicht der Kritiker. Die Kosten lägen inzwischen bei 666.000 Euro – viel Geld für eine Brücke über einen See, der in zehn Minuten zu umrunden sei. 

Munitionszerlegebetrieb

Beim Bau einer Anlage zur Beseitigung von Munition aus dem Zweiten Weltkrieg in Hünxe lief aus Sicht des Steuerzahlerbundes vieles schief. Die Anlage sei viel teurer und später fertig geworden als geplant und funktioniere bis heute nicht richtig. Besonders die Rauchgasreinigungsanlage sei zum Problem geworden. Sie erreiche die vertraglich geforderten Betriebszeiten nicht, was die Kapazität des gesamten Betriebs beeinträchtige. Das NRW-Innenministerium habe darauf hingewiesen, dass es sich um ein Pilotprojekt mit entsprechenden Risiken gehandelt habe.

Nutzlose Gerüste in Kleve

Einen Schildbürgerstreich hat der Bund bei der Sanierung der Staatsanwaltschaft Kleve ausgemacht. Wenige Tage vor dem Aufstellen des Gerüsts sei das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt worden. Damit sei die Sanierung in der geplanten Form hinfällig gewesen. Das Gerüst sei trotzdem aufgebaut worden – und habe acht Monate lang nutzlos herumgestanden. Obwohl der landeseigene Baubetrieb BLB vom drohenden Denkmalschutz gewusst habe, sei der Gerüstbauer beauftragt worden. Die Kosten für das Gerüst bezifferte der BLB auf rund 36.000 Euro. 

Jüdisches Museum in Köln 

Nicht zum ersten Mal beschäftigt sich der Steuerzahlerbund mit dem Jüdischen Museum in Köln. Inzwischen seien die Kosten für das Museum und den unterirdischen Rundgang von 48 auf 190 Millionen Euro gestiegen. 

2.000 Jahre Kölner Stadtgeschichte sollen in einem 600 Meter langen unterirdischen Rundgang namens „Miqua“ erlebbar werden. Gezeigt werden sollen die Überreste eines römischen Statthalterpalasts, eines mittelalterlichen jüdischen Viertels und eines Goldschmiedeviertels. Der Eröffnungstermin Ende 2019 sei inzwischen auf Ende 2027 verschoben worden. 

Eine ganze Reihe von Faktoren hätten die Kosten in die Höhe getrieben. Für Köln, das auf einen Schuldenstand von sechs Milliarden Euro zusteuere, sei das fatal: Die Fördersumme des Landes sei bei 33,7 Millionen Euro gedeckelt. Damit steige der städtische Eigenanteil von 28,8 auf mehr als 156 Millionen Euro. Eine finanziell angeschlagene Stadt wie Köln dürfe sich auf solche Großprojekte mit unkalkulierbaren Risiken nicht einlassen, so der Bund. 

Lärmaktionsplan in Nörvenich 

In der Gemeinde Nörvenich geht es um einen Acker und ein Stück Umgehungsstraße, für das ein Lärmaktionsplan aufgestellt werden musste. Das sehen EU-Richtlinien vor, obwohl im Umfeld der ländlichen Flächen keine Menschen von Lärm betroffen seien. Um den Lärmaktionsplan für Nörvenich aufzustellen, seien Mitarbeiter der Gemeinde gut ein Dreivierteljahr beschäftigt, so die Gemeinde. Zusätzlich würden Kosten von gut 6.000 Euro entstehen. Alle fünf Jahre muss der Lärmaktionsplan überarbeitet werden.

Der erhebliche Lärm in Nörvenich durch den militärischen Flugbetrieb des dortigen Fliegerhorsts spiele dabei keine Rolle. Er sei ausgenommen vom Lärmaktionsplan. Eine Ausnahme für Nörvenich gebe es dennoch nicht. Sollte der Lärmaktionsplan nicht fristgerecht aufgestellt werden, droht ein Klageverfahren der EU-Kommission. Die EU-Regelung sollte gestrichen, oder Ausnahmen für solche Fälle ermöglicht werden, fordert der Bund der Steuerzahler. 

Teurer Fußweg in Wachtberg

Für nur 300 Euro Materialkosten hat die Gemeinde Wachtberg im Rhein-Sieg-Kreis unbürokratisch und pragmatisch einen rund 70 Meter langen Schotterweg angelegt, damit Fußgänger nicht länger am Fahrbahnrand einer Landesstraße neben 100 Stundenkilometer schnellen Autos laufen müssen. Prompt wurde der Weg vom Landesbetrieb Straßen.NRW gesperrt – aus Sicherheitsgründen. 

Der Weg sei auf einem landeseigenen Grundstück errichtet worden und habe nicht den Vorschriften entsprochen, teilte Straßen.NRW auf dpa-Anfrage mit. Inzwischen habe man gemeinsam mit der Gemeinde eine provisorische Lösung gefunden. Ein regulärer Rad- und Fußweg sei außerdem in Planung. Die Kosten für eine solche „richtlinienkonforme Nebenanlage“ hätten in der Vergangenheit zwischen 100.000 und 200.000 Euro betragen.