Eine Rede des taiwanischen Präsidenten hat China, wie befürchtet, zum Anlass für ein weiteres Militärmanöver genommen. Doch Taiwan lässt sich nicht einschüchtern.
Als erneute Drohung Richtung Taiwan hält China eine groß angelegte Militärübung rund um die Inselrepublik ab. Das chinesische Militär sprach in einer Mitteilung von einer „ernsten Warnung“ an die „separatistischen“ Kräfte Taiwans. Der chinesische staatliche Sender CCTV veröffentlichte eine Karte, die mehrere große rote Blöcke rund um Taiwan zeigte. In diesen Gebieten finden die Übungen demnach statt.
Bei dem Manöver namens „Gemeinsames Schwert-2024B“ gehe es darum, die „gemeinsamen Einsatzfähigkeiten“ zu testen, erklärte das Verteidigungsministerium in Peking. Der chinesische Staatssender CCTV berichtete, „Kampfjets, Bomber und andere moderne Kampfflieger“ flögen über die Taiwan-Straße. Zeitgleich beteiligten sich mehrere Zerstörer und Fregatten an dem Manöver.PAID 06_23 IV China Oberst Zhou Bo 6.44
Auslöser der Aktion dürfte eine Rede des taiwanischen Präsidenten Lais zum Nationalfeiertag seines Landes am 10. Oktober gewesen sein. Darin hatte er vor einigen Tagen Taiwans Souveränität bekräftigt, aber China auch aufgefordert, mit ihm für den Frieden zu arbeiten.
Beziehung zwischen Taiwan und China angespannt
China betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums, obwohl dort seit Jahrzehnten stets unabhängige und demokratisch gewählte Regierungen an der Macht sind. Peking droht schon lange offen damit, die mehr als 23 Millionen Einwohner zählende Insel und das Festland notfalls auch mit militärischer Gewalt zu vereinen.
Der Druck nahm zuletzt wieder zu, nachdem im Januar mit Lai Ching-Te erneut ein China-Kritiker die Präsidentschaftswahlen in Taiwan gewonnen hatte. Die Kommunistische Partei in Peking wirft Lai und seiner Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) Separatismus vor.
Bereits vor einigen Tagen gab es Warnungen in Taiwan, dass China die Rede zum Anlass nehmen könnte, um erneut seine militärischen Muskeln spielen zu lassen. Es ist bereits Chinas viertes großangelegtes Militärmanöver rund um Taiwan binnen zwei Jahren. Parallel dazu entsandte die chinesische Küstenwache vier Flotten zu „Inspektionen“.
Taiwan nimmt Chinesen im Schlauchboot fest
Laut einem Sprecher des chinesischen Militärs sollen sich Schiffe und Flugzeuge Taiwan aus mehreren Richtungen genähert haben. Ziel sei es unter anderem, zu üben, wichtige Häfen und Gebiete zu blockieren sowie eine „umfassende Kontrolle“ zu erlangen. Auch die chinesische Küstenwache erklärte, in den Gewässern um Taiwan Inspektionen durchzuführen.
Das taiwanische Verteidigungsministerium nannte die chinesische Übung eine „irrationale Provokation“ und erklärte, eigene Streitkräfte entsandt zu haben, um „konkrete Maßnahmen zur Wahrung von Freiheit und Demokratie zu ergreifen“. Dabei wurde ein Chinese auf einer kleinen, China vorgelagerten Insel festgenommen. Es sei „nicht ausgeschlossen“, dass der Vorfall ein „Eindringen in die Grauzone“ darstelle, teilte die Küstenwache mit. Die Behörde verwendete damit eine Formulierung, die feindliche Manöver bezeichnet, die nicht als direkte Kriegshandlung zu werten sind.China droht Taiwan mit Krieg 17.17
Der Festgenommene sei in einem Schlauchboot auf illegale Art und Weise nach Menghu gelangt, einer kleinen Insel, die Teil der von Taiwan verwalteten Kinmen-Inseln ist und nur wenige Kilometer vor der chinesischen Hafenstadt Xiamen liegt. Auf Bildern, die von der taiwanischen Küstenwache veröffentlicht wurden, war zu sehen, wie der Mann auf ein Schiff abgeführt wurde. Der Verdächtige und sein Boot seien nach Kinmen gebracht worden, teilte die Küstenwache weiter mit. Die Küstenwache habe ihre „Wachsamkeit erhöht“. Kritische Orte würden ständig überwacht und Ziele auf See in „Echtzeit“ beobachtet.
USA fürchten Eskalation im Pazifik
Das Außenministerium in Washington zeigt sich ernsthaft besorgt angesichts der Übungen. Mit militärischen Provokationen auf eine jährliche Ansprache zu reagieren sei nicht gerechtfertigt und berge die Gefahr einer Eskalation, hieß es in einer Mitteilung. Die US-Regierung forderte China auf, sich zurückzuhalten und weitere Aktionen zu vermeiden, die den Frieden und die Stabilität untergraben könnten.
Die USA folgen der Ein-China-Doktrin, die Voraussetzung für diplomatische Beziehungen zu China bildet und keine offiziellen Kontakte zu Taiwan ermöglicht. Die Vereinigten Staaten haben sich aber gesetzlich dazu verpflichtet, die Verteidigungsfähigkeit der Inselrepublik zu unterstützen, und sind ein wichtiger Verbündeter.