Brandenburger Landtag konstituiert – SPD-Politikerin Liedtke erneut Präsidentin

Dreieinhalb Wochen nach der Wahl hat sich in Potsdam der neue Brandenburger Landtag konstituiert. In der Sitzung am Donnerstag wurde die bisherige Parlamentspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) mit großer Mehrheit erneut in das Amt gewählt. Zu Vizepräsidenten wurden der AfD-Abgeordnete Daniel Münschke, die BSW-Parlamentarierin Jouleen Gruhn und der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke gewählt.

Liedtke bekam bei ihrer Wahl 70 der 85 gültigen Stimmen, sieben Abgeordnete enthielten sich, acht stimmten gegen sie. Die 65-Jährige erhielt damit auch Stimmen aus der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuften AfD.

Diese war bei der Landtagswahl am 22. September zweitstärkste Kraft geworden und stellt nun 30 der 88 Abgeordneten. Die Wahlgewinnerin SPD verfügt über 32 Sitze, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über 14 Mandate und die CDU über zwölf Sitze.

Seit der vergangenen Landtagswahl 2019 sei viel Vertrauen verloren gegangen, sagte Liedtke nach ihrer Wahl. Es sei nun die Aufgabe des Parlaments, die Gesellschaft zu versöhnen. „Dafür muss keine Brandmauer eingerissen werden“, betonte Liedtke mit Blick auf die AfD. „Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus bleiben abscheulich.“

Den „Feinden der Demokratie“ müsse klare Kante gezeigt werden, sagte Liedtke. Von diesen müssten sich Demokraten distanzieren und abgrenzen, aber ohne zu zensieren und Menschen auszugrenzen. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger bräuchten das Gefühl, dass sich etwas ändere, dass „die Demokratie wir selbst sind und nicht die da oben“.

Mit Spannung erwartet worden war die Wahl der Vizepräsidenten. Nachdem zunächst unklar war, wie viele es geben wird und ob die AfD zum Zug kommen sollte, einigte sich der Landtag schließlich auf drei Posten, der allen Fraktionen einen Vorschlag für einen Vizepräsidenten ermöglichte.

Doch während Gruhn und Genilke im ersten Wahlgang mit eindeutiger Mehrheit gewählt wurden, brauchte AfD-Kandidat Münschke zwei Wahlgänge. Im ersten Anlauf erhielt er nur 37 der abgegebenen 86 Stimmen, 39 stimmten gegen ihn. Im zweiten Wahlgang erhielt der AfD-Kandidat 41 Ja- und 34-Neinstimmen bei elf Enthaltungen.

Eröffnet worden war die konstituierende Sitzung von Alterspräsident Reinhard Simon (BSW). Der 73-Jährige plädierte in seiner Rede dafür, den Abstiegsängsten vieler Brandenburgerinnen und Brandenburger mit kluger Politik statt mit Floskeln zu begegnen.

Simon ging auch auf die Nachwirkungen der Wiedervereinigung ein. Die Deutsche Einheit sei ein Glücksfall und eine Chance gewesen, doch der Vollzug sei „gründlich vergeigt“ worden. Arroganz sei im Westen immer noch allgegenwärtig, sagte der ehemalige Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt. Diese sei Gift und verhindere es, dass Gräben zugeschüttet werden könnten. „Wir hätten unsere Geschichten besser verweben müssen“, sagte Simon.

Zum Krieg in der Ukraine sagte der BSW-Politiker, dieser dürfe nicht glorifiziert und müsse beendet werden. Er erinnerte mit Blick auf den früheren sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow an „die Hand, die Gorbatschow uns gereicht hat“ und regte an, die Städtepartnerschaften mit Russland wieder aufleben zu lassen.

Der Alterspräsident plädierte auch dafür, den Themen Bildung und Gesundheit in Brandenburg Priorität einzuräumen. Er werde sich für einen fairen Umgang im Parlament einsetzen und dafür, dass auch der „politische Mitbewerber“ Dinge beantragen könne. 

Damit spielte Simon womöglich auf die AfD an, die nach aktuellem Stand größte Oppositionsfraktion sein wird. Die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke und das BSW von Spitzenkandidat Robert Crumbach führen derzeit Sondierungsgespräche über eine Regierungsbildung. Für eine Koalition zwischen SPD und CDU reicht es nicht, eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss die SPD aus.

Direkt vor der konstituierenden Sitzung hatte Woidke den Mitgliedern der bisherigen Landesregierung ihre Dankesurkunden überreicht. Zugleich bat er die Ministerinnen und Minister offiziell, ihre Amtsgeschäfte bis zur Wahl und Vereidigung einer neuen Landesregierung fortzuführen.