Überraschend schnell haben Ermittler einen technischen Defekt als Ursache des Brandes in der Feuerwache Stadtallendorf ausgemacht. Das Ereignis wirft auch Fragen zur Sicherheit der Feuerwehren auf.
Der folgenschwere Brand in der Feuerwache im mittelhessischen Stadtallendorf mit einem zweistelligen Millionenschaden hatte nach Erkenntnissen von Ermittlern eine technische Ursache. Hinweise auf eine Straftat seien nicht gefunden worden, teilte die Polizei mit. Das Feuer sei an einem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr ausgebrochen, in dessen Bereich sich Lithium-Ionen-Akkus sowie ein externer Stromanschluss befunden hätten. „Als Brandursache wird ein technischer Defekt angenommen.“
Zuvor hatten Brandermittler der Marburger Kriminalpolizei sowie ein Gutachter des Hessischen Landeskriminalamtes die Brandruine untersucht. Zunächst war nach Angaben von Stadtbrandinspektor Patrick Schulz erst frühestens für kommende Woche mit Ergebnissen gerechnet worden. Das Feuer war am frühen Mittwochmorgen ausgebrochen und hatte unter anderem die Gerätehalle sowie ein knappes Dutzend Einsatzfahrzeuge der fast neuen Feuerwache vernichtet. Ersten Schätzungen zufolge dürfte ein Schaden von 20 bis 24 Millionen Euro entstanden sein. Verletzt wurde bei dem Feuer niemand.
Gutachten ergab keine Notwendigkeit für Brandmeldeanlage
In dem Gebäude war keine Brandmeldeanlage eingebaut. Dies sei während der Bauphase gutachterlich geprüft worden, doch sei eine Notwendigkeit zum Einbau einer solchen Anlage nicht festgestellt worden, erklärte Schulz. Rauchmelder seien gemäß den Vorschriften vorhanden gewesen. Vom hessischen Innenministerium hieß es, in der Feuerwehrhalle habe es keine Brandmeldeanlage gegeben, da deren Einrichtung fakultativ sei. Vor Ort sei eine Entscheidung gegen diese getroffen worden. Die Vorgaben einer entsprechenden Normenreihe enthielten lediglich allgemeine Empfehlungen, in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten, sicherheitsrelevante Bereiche mit Gefahren- und Brandmeldeanlagen auszustatten, wie eine Ministeriumssprecherin mitteilte.
Nach Einschätzung von Norbert Fischer, Präsident des Landesfeuerwehrverbandes Hessen, dürfte der Brand Überlegungen zur Sicherung von Feuerwehrhäusern anfachen. „Ich glaube, die Geschehnisse werden viele zum Nachdenken und Handeln anregen“, sagte Fischer der Deutschen Presse-Agentur. Gerade weil in den Feuerwehr-Standorten viel Technik vorhanden sei und Akkus geladen würden, sei es sinnvoll, sie mit Brandmeldeanlagen auszustatten. Ob eine solche Anlage in Stadtallendorf das Schlimmste hätte verhindern können, sei allerdings unklar, betonte Fischer. „Dieser Brand hat sich rasend schnell ausgebreitet.“
„Die Diskussion um die Ausstattung der Feuerwehr-Stützpunkte mit Brandmeldeanlagen wird kommen“, erwartet auch Johannes Heger, Geschäftsführer und Sprecher des Hessischen Städte- und Gemeindebundes. „Dabei gibt es aber einige Dinge zu berücksichtigen.“ So verursachten die Anlagen weitere Kosten, sie müssten regelmäßig technisch überprüft werden, könnten Fehlalarme auslösen. Auch hänge die Ausstattung vom Risikopotenzial der Häuser ab.
„Einsatzbereitschaft wieder hergestellt“
Derweil ist in Stadtallendorf der „Grundschutz“ für den Fall eines Brandes durch eigene Kapazitäten wieder hergestellt, wie Stadtbrandinspektor Schulz sagte. Im Hintergrund liefen weiterhin alle notwendigen organisatorischen Maßnahmen.
Man habe insgesamt vier Fahrzeuge auf Leih- und Mietbasis zur Verfügung gestellt bekommen und benötige derzeit noch eine Drehleiter, einen Rüst- und einen Gerätewagen, so Schulz. Das Gebäude sei brandversichert, für die Fahrzeuge habe es eine Vollkaskoversicherung gegeben.
Landesfeuerwehrverband: Beschaffung neuer Fahrzeuge ist Herausforderung
Fischer sprach von einem großen Schock und einer riesigen Welle der Solidarität. So hatte der Kreisfeuerwehrverband Marburg-Biedenkopf einen Spendenaufruf für die Kameradinnen und Kameraden in Stadtallendorf gestartet. „Da ist jeder Feuerwehrmann hoch betroffen“, sagte Fischer. Der Stützpunkt habe eine große regionale Bedeutung, nicht nur für Stadtallendorf, sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus. „Insgesamt wird das ein Kraftakt werden, die Feuerwehr wieder komplett funktionstüchtig zu bekommen.“ Eine Herausforderung sei etwa die Beschaffung neuer Fahrzeuge. Von der Bestellung bis zur Auslieferung vergingen mittlerweile etwa zwei bis drei Jahre.
Verbrannt sei unter anderem ein gerade erst von der Landesregierung beschaffter Gerätewagen-Logistik Katastrophenschutz, berichtete Fischer. Das Fahrzeug kann bei Waldbränden, Hochwasserlagen, Evakuierungen oder als logistisches Transportmittel eingesetzt werden. Leider sei auch die Ausrüstung der Kinder- und Jugendfeuerwehr nicht mehr brauchbar. „Da muss es dringend weitergehen“, so Fischer. Dazu sei etwa eine unbürokratische Soforthilfe durch die hessische Feuerwehrstiftung veranlasst worden.
Interimslösung für Feuerwache in Vorbereitung
Zur Unterbringung von Fahrzeugen und anderer Ausrüstung sind nun nach Angaben von Stadtallendorfs Bürgermeister Christian Somogyi (SPD) zwei Interimslösungen in Vorbereitung. So sollen die Fahrzeuge kurzzeitig in der Altstadt untergebracht werden. Zudem sei eine Leichtbauhalle wieder zur Verfügung gestellt worden, die der Stadtallendorfer Feuerwehr schon vor dem Bezug der Feuerwache als vorübergehendes Quartier gedient hatte, sagte Somogyi. In den kommenden Tagen dürften sich nach seinen Worten auch die Versicherungen ein Bild von den Schäden machen.