In Sachsen-Anhalt ist die vertrauliche Spurensicherung künftig unbürokratisch und kostenlos. Was das für Betroffene von sexualisierter und häuslicher Gewalt bedeutet.
Sachsen-Anhalt will Opfer sexualisierter und häuslicher Gewalt besser unterstützen. Betroffene können sich nun auch ohne sofortige Erstattung einer Anzeige ärztlich untersuchen und Spuren sichern lassen. Für diese vertrauliche Spurensicherung zahlt das Land. Einen entsprechenden Vertrag zur Kostenübernahme unterzeichneten das Gesundheitsministerium, gesetzliche Krankenkassen und das Universitätsklinikum Halle.
Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) erklärte: „Die vertrauliche Spurensicherung in geeigneten Kliniken und Arztpraxen sorgt dafür, dass die Taten gerichtsfest dokumentiert und auch mit Abstand zur Anzeige gebracht werden können.“ Jede dritte Frau in Deutschland sei mindestens einmal in ihrem Leben von physischer oder sexualisierter Gewalt betroffen, fügte sie hinzu.
Sachsen-Anhalt übernimmt Kosten für vertrauliche Spurensicherung
Sachsen-Anhalt ist damit das fünfte Bundesland, das die Kosten der vertraulichen Spurensicherung, die am Körper durchgeführt wird, übernimmt. Bislang wurden die Kosten der medizinischen Spurensicherung nur im Rahmen der Strafverfolgung übernommen.
Rüdiger Lessig und Carolin Richter vom Rechtsmedizinischen Institut der Universitätsmedizin Halle betonten, dass das niedrigschwellige Angebot in einem späteren Ermittlungsverfahren die Beweiskraft erheblich verbessern könne. Sie nannten die Neuerung einen wichtigen Beitrag für die Rechte und den Schutz der Opfer. Auch, weil die medizinische Spurensicherung die Grundlage für eine erfolgreiche Strafverfolgung darstelle.
Kay Nitschke, Leiter der ambulanten und stationären Versorgung der AOK, lobte das neue niedrigschwellige und unbürokratische Angebot ebenfalls und versprach, die Spuren würden „nach neuesten wissenschaftlichen Standards gesichert“.
Spuren können auch Jahre später noch der Strafverfolgung dienen
Richter ist unter anderem für den Aufbau eines Netzwerkes an Kliniken und Arztpraxen zuständig, an die sich Betroffene in diesen Fällen wenden können. Sie erklärte, mit Beginn der Maßnahme stünden bereits vier Kliniken kurz vor der Vertragsunterzeichnung. Weitere sollen folgen. Ziel, so Richter, sei eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung in ganz Sachsen-Anhalt.
Sie empfiehlt Betroffenen von Gewalt oder Missbrauch, die vertrauliche Spurensicherung zeitnah in Anspruch zu nehmen. Für das zuverlässige Sammeln von Beweisen gelte: „Je schneller, desto besser.“ In einigen Fällen sei es allerdings auch schon gelungen, sieben Tage nach der Tat noch Spuren sicherzustellen.
Die anonyme, medizinische Untersuchung unterscheide sich von Fall zu Fall. So könnten neben Blut- und Urinproben auch DNA-Spuren gesichert werden. Ebenso könnten kleinste Verletzungen sowie Kratzer und Hämatome fotografisch dokumentiert werden und so als Beweise dienen. Die gesicherten Spuren hätten im Anschluss kein Verfallsdatum, sagte Richter. Auch Jahre später könnten diese noch der Strafverfolgung dienen.