Der Radwechsel steht wieder an – die Wartelisten bei Werkstätten werden allmählich länger. Sollte man die Arbeit einfach selbst in die Hand nehmen? Nur unter bestimmten Bedingungen, sagt der Experte.
In der Regel ist Ostern und Ende Oktober der Reifenwechsel ist angesagt. Da man, je nach Werkstatt, gut und gerne Tage bis Wochen darauf warten muss, endlich die anderen Räder montiert zu bekommen, liegt der Gedanke nahe, den Tausch einfach selbst in die Hand zu nehmen.
Eine Frage, die viele sich bei jedem Wechsel stellen dürften: „Sollte ich nicht endlich auf Allwetter umrüsten und dieser Arbeit ein Ende bereiten?“ Der Experte weiß Rat: „Es hängt von der Region und dem Auto ab, ob man überhaupt noch eine Achtfachbereifung braucht. Bewegt man sich im Winter oft in den Bergen, kommen Allwetterreifen schnell an ihre Grenzen. In Großstädten kommt man damit hingegen prima aus“, erklärt Jesco Hußlein, Ingenieur und Abteilungsleiter beim Werkstattnetzwerk HUK-Autoservice, dem stern. „Bei Sommerreifen würde ich auf den Wagen schauen. Bei einer hohen Leistung und sportlicher Fahrweise empfiehlt sich eine gesonderte Bereifung durchaus – für Kleinwagen seltener.“
Beim Radwechsel gibt es viel zu beachten – und zu sehen
Generell stört sich der gelernte Kfz-Mechaniker daran, dass so viele Laien den Radwechsel selbst in die Hand nehmen wollen. „Ich kann den eigenständigen Radwechsel nicht empfehlen. Manche glauben, dass man wenig falsch machen kann, aber der Teufel steckt im Detail“, sagt er. „Wenn ich die Räder selbst wechsle, muss ich das richtige Werkzeug dafür haben. Ganz wichtig ist auch ein guter Drehmomentschlüssel, denn man darf die Schrauben keinesfalls zu fest, aber auch nicht zu locker befestigen.“ Für den Experten ist genau das, so einfach es klingt, die schlimmste Todsünde. Nicht nur einmal seien Kunden mit losen Schrauben zu ihm gekommen, die kurz vor einem schlimmen Unfall standen, erzählt er.
Außerdem würden viele vergessen, dass der Radwechsel auch eine körperliche Anstrengung ist, so der Experte. „Räder sind schwer, man arbeitet mangels Bühne oft gebückt und es fehlen Hebevorrichtungen. Da kann es schnell passieren, dass ein Rad gegen die Bremsanlage donnert oder runterfällt.“
Mal angenommen, die physische Verfassung lässt einen Radwechsel problemlos zu und das Werkzeug liegt vor – dann sollte es doch kein Problem sein, oder? Hußlein befürchtet, dass einem wichtige Details entgehen, wenn sie mit dem an- und abschrauben der Felgen beschäftigt ist. „Viele belassen es bei einem schnellen Radwechsel. Das sehe ich als Problem. Wenn man nur das Rad tauscht und der fachmännische Blick auf die dahinter liegenden Bauteile ausbleibt, können eventuelle Schäden nicht erkannt und behoben werden, bevor es zu echten Problemen kommt“, fügt er hinzu.
Auch den Reifen sollte man etwas Aufmerksamkeit widmen, empfiehlt Hußlein. Ein Blick auf die Profiltiefe und das Alter des Reifen dürfe ebensowenig fehlen, wie die Kontrolle der Wuchtgewichte und des Abriebbilds. Hußlein bezweifelt, dass ein Laie Auffälligkeiten bemerken würde, die beispielsweise Hinweise auf Probleme mit den Stoßdämpfern geben könnten.
Reifendruck und Drehmoment-Kontrolle nicht vergessen
Ist der Wechsel vollzogen, endet die Arbeit aber nicht, warnt Hußlein. „Der Reifendruck sollte nach einem Wechsel umgehend kontrolliert werden. Die richtigen Werte stehen oft in der Tür oder dem Tankdeckel, wobei man bei Winterreifen oft 0,3 bis 0,5 bar zusätzlich reinpumpt“, erklärt er. Wichtig sei außerdem: Nach einigen Kilometern sollte man die Radmuttern erneut auf das korrekte Drehmoment prüfen und sie gegebenenfalls nachziehen.
Nach dem Wechsel stellt sich die Frage der korrekten Einlagerung der abmontierten Räder. „Bei der Lagerung sollte man die Reifen übereinanderstapeln. Am besten mit einem Felgenbaum. Da kann man nicht viel falsch machen. Bei einem Felgenbaum mit seitlichen Ästen sollte man auf die Gummierung achten, damit nicht Metall auf Metall reibt. Man kann Reifen auch einfach aufeinanderlegen – wichtig wäre nur, die Räder nicht monatelang hochkant auf die Lauffläche zu stellen. Das kann zu Druckstellen führen – und diese dann wiederum zu Vibrationen.“
Und was ist mit der Reinigung? „Das dient im Grunde erstmal nur der Ästhetik“, sagt Hußlein, „aber grundsätzlich ist es sinnvoll, die Räder mal zu säubern, da man so leichter Schäden wie Haarrisse erkennt.“ Vorausgesetzt man hat einen Blick dafür, versteht sich.
Es gibt natürlich die Möglichkeit, die Sache mit dem Radwechsel einfach anderen zu überlassen. Früher oder später kommt man bestimmt an einen Termin, denn die Auswahl möglicher Anlaufstellen ist, insbesondere in der Stadt, sehr groß. Aber was sollte man dafür maximal bezahlen? Hußlein: „Für den Radwechsel muss man nicht in die Vertragswerkstatt. Bei einem reinen Radwechsel ohne Lagerung und Zusatzleistungen halte ich zehn Euro pro Rad für einen fairen Kurs. Alles über 60 Euro ist schon sehr viel.“