Beim Umgang mit Antisemitismus ist die Berliner Linke gespalten. Der Landesvorstand will den Parteitagsstreit darüber aufarbeiten. Auch den Umgang miteinander will der Parteichef zum Thema machen.
Aus Sicht des Berliner Linke-Landesvorsitzenden Max Schirmer gibt es zum Streit über das Thema Antisemitismus beim vergangenen Landesparteitag noch dringenden Gesprächsbedarf. „Wir werden uns jetzt die Zeit nehmen, den letzten Landesparteitag im Landesvorstand, aber auch mit allen Bezirksvorsitzenden, der Abgeordnetenhausfraktion und den Bezirksstadträten aufzuarbeiten“, sagte Schirmer der Deutschen Presse-Agentur.
„Und wir gehen davon aus, dass wir eine gute, konstruktive Debatte dazu miteinander führen werden.“ Das werde etwas Zeit brauchen. „Aber die werden wir uns nehmen“, kündigte der Linke-Parteichef an. „Wir werden auch über den Umgang miteinander reden müssen.“
Am Freitag vorletzter Woche endete der Landesparteig mit einer heftigen Auseinandersetzung über einen Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus in jeder Form, auch von links. Nachdem es keine Einigung darüber gab, verließen etliche Delegierte, darunter Ex-Kultursenator Klaus Lederer und die Bundestagsabgeordnete Petra Pau die Versammlung.
„Beschlussentwürfe sind vertraulich“
Bereits am Dienstag soll bei einer Vorstandssitzung über das Thema gesprochen werden. Wie der „Tagesspiegel“ berichtete, gibt es einen Beschlussentwurf des geschäftsführenden Landesvorstands, in dem Kritik an den Delegierten geübt wird, die den Parteitag verlassen hatten.
Schirmer wollte das im Detail nicht kommentieren: „Es gibt viele gute Ansätze, wie wir damit umgehen sollen, die werden wir gemeinsam miteinander diskutieren. Beschlussentwürfe sind allerdings vertraulich und nichts, was in die Öffentlichkeit gehört.“
Auch beim Linke-Bundesparteitag in Halle am Wochenende war der Nahostkonflikt ein Thema. Den Delegierten gelang ein Kompromissantrag. „Wir haben beim Bundesparteitag ein starkes Zeichen gegen jeden Antisemitismus gesetzt“, sagte Schirmer, der in Halle als stellvertretender Bundesvorsitzender gewählt wurde.
„Und wir haben klargemacht, wo für uns eine Grenze erreicht ist, nämlich dort, wo das Existenzrecht Israels aberkannt wird oder Terror der Hamas verharmlost oder relativiert wird“, sagte Schirmer. „Auf der anderen Seite zeigen wir auch Empathie für die Menschen, die Angehörige im Nahen Osten verloren haben und sagen ganz klar: Das Töten und das Sterben dort muss aufhören und die Waffen müssen schweigen“, erklärte der Linke-Politiker.
„Debatte über Nahostkonflikt wird immer hitziger“
„An der Formulierung dieser Position haben wir uns als Landesverband Berlin natürlich beteiligt. Und wir sind sehr froh, dass ein solcher Beschluss erreicht werden konnte.“ Die Debatte über den Nahostkonflikt werde auch in Berlin immer hitziger diskutiert. „Das betrifft die Universitäten, die Gewerkschaften, auch andere Parteien“, sagte Schirmer.
Währenddessen reißt die Kritik an der Linke nicht ab: Bereits in der vergangenen Woche erklärte der frühere Landesvorsitzende Udo Wolf nach dem Parteitagsstreit seinen Austritt. Am Sonntag schloss sich der Ex-Bezirksbürgermeister von Pankow, Sören Benn an, beides langjährige Linke-Mitglieder. „Die Partei ist strategieunfähig. Sie ist kein Gestaltungsprojekt, sondern ein Identitätsprojekt“, kritisierte Benn. Und mit Blick auf die Nahost-Debatte: „Und dass Linke meinen, bei sich selbst Antisemitismus ausschließen zu können, ist absurd.“
Schirmer dagegen betont, die Linke sei eine Partei, die sich klar gegen Waffenexporte und für einen Waffenstillstand ausspreche und auf der Seite der Betroffenen stehe. „Wir haben dazu immer klar formuliert, dass wir gegen jede Form von Antisemitismus einstehen, egal aus welcher Ecke er kommt.“