ARD, ZDF und Deutschlandradio sollen nach dem Willen der Politik sparen. Nach langem Streit haben die Länderchefs erste Beschlüsse gefasst. Das Urteil der Presse.
Die Ministerpräsidenten schieben eine große Reform für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an – mit weniger Radioprogrammen und Fernsehkanälen. Die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags von aktuell 18,36 Euro bleibt weiter offen. Die Länderchefs wollen den Weg verändern, wie der Beitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio festgelegt wird. Sie setzen dafür auf ein Treffen im Dezember.
Die Ministerpräsidenten wollen die Reform, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk effizienter aufgestellt ist. Kretschmer sagte, dass damit die „Kostendynamik, die es gibt, gedämpft wird“. Vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) hieß es, die Verständigung auf die Rundfunkreform sei „dringend erforderlich“.STERN PAID 41_22 NDR Interview 6.42
„Dass der Rundfunkbeitrag (vorerst) nicht steigt, ist richtig“
Details des Beschlusses wurden noch nicht veröffentlicht. Einige Punkte nannten die Länder in der Pressekonferenz. Zum Beispiel: Die ARD-Radioprogramme sollen von 70 auf 53 reduziert werden. Zu den kleineren TV-Sendern stellte Schweitzer klar: „Wir haben nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen.“ Man habe vielmehr die Schaffung von Arte zu einer europäischen Kulturplattform angeregt und dass 3sat-Inhalte perspektivisch dort eine Rolle spielen könnten. KiKA und das digitale Angebot Funk bleiben erhalten. Bei One und ZDFneo soll es eine Kooperation geben. Auch die Deckelung von Ausgaben für Sportrechte haben die Ministerpräsidenten beschlossen.
Das sagt die deutsche Presse zu den ersten Teilergebnissen:
„Die Glocke“: „Eine Einigung beim Rundfunkbeitrag konnten die Ministerpräsidenten bei ihrem Treffen in Leipzig zwar nicht verkünden, dafür haben sie aber die wichtige Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verabschiedet. Diese ist dringend geboten, denn der Etat von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist stetig gewachsen, und zwar wesentlich stärker als das durch die Inflation zu begründen wäre. (…) Die Senkung der Kosten muss dazu dienen, den Rundfunkbeitrag stabil zu halten. Denn angesichts des gewaltigen Etats lässt sich gerade in Krisenzeiten den Beitragspflichtigen kaum mehr vermitteln, warum sie mehr zahlen sollen.“
„Kölner Stadt-Anzeiger“: „Gewiss ist es ärgerlich, dass bei den Spartensendern jene Themenbereiche überdurchschnittlich bluten mussten, die traditionell die schwächste Lobby haben: Bildung und Kultur. Das klingt wie ein Widerspruch zum öffentlich-rechtlichen Auftrag. Statt etwa eines der dritten Programme zu streichen, setzten die Ministerpräsidenten bei den Doku- und Infokanälen an. Dabei gibt es keinen vernünftigen Grund, den Saarländischen Rundfunk (SR) nicht mit dem Südwestrundfunk (SWR) zu fusionieren oder Radio Bremen mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR). Aber so ehrlich muss man sein: Die Erfüllung des Bildungsauftrags steht und fällt nicht mit der Existenz linearer Zwergkanäle.“ARD Gehälter FS 16:50
„Neue Osnabrücker Zeitung“: „Für ARD, ZDF und Deutschlandfunk brechen härtere Zeiten an – und das ist gut: Für den Gebührenzahler, der erst einmal um eine weitere Erhöhung des Rundfunkbeitrags herumkommt. Und für die Medienwelt in Deutschland. Denn dadurch wird der Wettbewerb zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einerseits sowie den privaten Sendern und unabhängigen Medienhäusern andererseits nicht noch weiter verzerrt. Schon jetzt leistet sich kaum ein anderes Land auf der Welt ein so teures öffentlich-rechtliches System wie Deutschland. Wichtig wäre es, dass der Medienstaatsvertrag künftig eingehalten wird und ARD und ZDF nicht länger die digitalen Kanäle mit presseähnlichen Textangeboten fluten. Darauf drängen jetzt auch die Länderchefs.“
„Leipziger Volkszeitung“: „Es ist ja eine seltsame Gemengelage im schwelenden Mehrfrontenkampf um die öffentlich-rechtliche Zukunft: Die Glaubwürdigkeitswerte für ARD und ZDF sind hoch, das Misstrauen in Sachen Sparsamkeit und Demut aber ebenso. Seit Jahren schon haben die Sender ein Legitimationsproblem – vor allem wegen unzähliger kleiner und großer Skandale und einer gewissen Reformbockigkeit. Dass der Rundfunkbeitrag (vorerst) nicht steigt, ist richtig. Eine Erhöhung ist gesellschaftlich kaum vermittelbar. ARD und ZDF haben nun Klarheit, nach welchen Maßstäben sie sich selbst reformieren können.“
„Märkische Oderzeitung“: „Insofern haben die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen Punkt, wenn sie darlegen, dass ihre geplanten Reformen nur mit einem höheren Beitragssatz finanziert werden können. Trotzdem haben auch die Bundesländer, die jetzt ihre Zustimmung zu erneut höheren Gebühren verweigern wollen, gute Argumente für ihre Blockade. Sind die Reformanstrengungen einmal abgeschlossen, reduzieren sich zwar wie gewünscht die Kosten. Die Einnahmen für die Sender bleiben aber dauerhaft hoch, denn sinken werden Rundfunkgebühren ganz sicher nicht. Der Plan der Sender eröffnet also vor allem Spielraum, die Ausgaben an anderer Stelle umso mehr in die Höhe zu schrauben.“