Seit 1986 ist das NDR-„Großstadtrevier“ Kult. In der 500. Folge dreht sich alles um den verstorbenen Star Jan Fedder alias Kommissar Matthies.
Für Maria Ketikidou – alias Zivilfahnderin Harry Möller – ist der Fall klar. „Eine 500. Folge, ohne Jan Fedder zu erwähnen – das geht gar nicht“, sagt die Schauspielerin der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Seit 1986 wird die kultige Vorabend-Krimiserie „Großstadtrevier“ausgestrahlt. Fast drei Jahrzehnte lang war der Ende 2019 mit 64 Jahren gestorbene Fedder („Der Hafenpastor“) als Kommissar Dirk Matthies die prägende Gestalt der in der Hansestadt angesiedelten Geschichten, in denen es meist eher unterhaltsam menschlich als schwerkriminell zugeht. Zuletzt sahen sie 2,7 Millionen Zuschauer.
Unvergessener Hamburger Jung
Indes blieb der urige Hamburger Jung, den Fedder im Leben und oft in seinen Rollen verkörpert hat, bei Kollegen und Zuschauern bis heute unvergessen. Kein allzu großes Wunder also, dass Fedder beziehungsweise sein Matthies in der Jubiläumsfolge „Vendetta“ (28. Oktober, 18.50 Uhr im Ersten) – innerhalb der Mitte Oktober gestarteten 37. Staffel – nahezu allgegenwärtig ist. Um ihn dreht sich die ganze, von Guntram Lasnig erdachte Story. In Wort, Bild und sogar als Tagtraum-Vision ist Matthies dabei. Für Ketikidou, die seit 1993 zur Crew gehört, gerieten die Dreharbeiten somit auch persönlich zum ganz eigenen Erlebnis.
„Uns verbindet so viel – nicht nur Arbeit, sondern auch Privates. Für mich ist es schwer, weil ich ihn wirklich sehr vermisse und oft an ihn denke“, sagt die 58-Jährige der dpa. „Wir haben ein Foto von ihm im Studio Hamburg im Büro, das ist immer noch seins und uns heilig. Ich merke, dass nicht nur Harry ab und zu Zwiesprache mit ihm hält. Sondern auch ich, Maria. Und immer, wenn ich eine schwierige Szene habe, sage ich, „Na Janni, hier stehen wir noch.“ Und dann gehe ich raus.“
In der aktuellen Folge ist es vor allem ihre Harry, der die Ermittlungsarbeit an die Substanz geht. Denn sie erhält den Anruf, dass im Hafen die „Repsold“ gestrandet ist – das Schiff, mit dem sich ihr Polizeigefährte Matthies vor Jahren in die weite Welt verabschiedet hat.
Wehmütige Momente
An Bord reist allerdings nicht er, sondern eine Schönheit namens Mercedés de Silantro (Silvana Veit) aus Kolumbien. Vor fast 20 Jahren hatten deren Vater und die damalige Kiez-Größe Karl „der Aal“ Dostal (Conrad F. Geier) einen Raub verübt, über den sich beide Familien zerstritten. Doch Mercedés und Dostals Sohn Roman (Paul Boche) versprachen einander die Treue.
Von der Beute – Mengen an Gold – fehlt bis heute jede Spur. Es war der einzige Fall, den Matthies nicht lösen konnte. Und da Raub nach 20 Jahren verjährt, begibt sich Möller auf die Jagd nach Aufklärung, im Herzen des Rotlichtmilieus von St. Pauli. Für die Wiederherstellung der Gerechtigkeit bleiben ihr ein Tag, 14 Stunden und 52 Minuten.
„Wir sind es Dirk Matthies schuldig“, befindet auch ihre Chefin Frau Küppers (Saskia Fischer). Und dann stellt sich heraus, dass der Entschwundene das Ganze sogar aus der Ferne eingefädelt hat. Wendla Nölle („Ein großes Versprechen“) hat die Geschichte mit Gefühl für Stimmungen sowie einem Augenzwinkern inszeniert. Zum Verbrechertum und den wehmütigen Momenten um Dirk Matthies gesellt sich dabei Humoristisches: die stümperhaften Verfolgungen durch die beiden Kiez-Killer Peter der Taube (Gerhard Polacek) und Leon der Blinde (Torsten Hamann). Und dazu ein denkwürdiger Auftritt des NDR-Vokalensembles, das den „Gefangenenchor“ aus Verdis Oper „Nabucco“ intoniert.
Zweiter Spielfilm zur Primetime im Januar
Für „Großstadtrevier„-Fans ist die Jubiläumsfolge also quasi ein Muss. Und wie erklärt sich Ketikidou den Dauererfolg der Serie, zu der am 6. Januar 2025 sogar ein zweiter Spielfilm – „Im Moment der Angst“ – zur Primetime gesendet wird? „Erstaunlich, dass wir nach 500 Folgen immer noch erfolgreich sind, obwohl sich das Konsumieren von Unterhaltung so geändert hat. Dass wir einen festen Platz im ARD-Vorabendprogramm haben, das ist für sich schon ein schönes Geschenk zum Jubiläum“, antwortet die Schauspielerin.
Und meint, ein Grund wäre, dass die Serie aufgreife, wie die Gesellschaft sich immer weiter verändert. „Mit Themen wie etwa dem Mobbing von Frauen. Daher sind wir manchmal sogar politisch – aber immer auch augenzwinkernd. Es gibt immer neues Futter.“ Denkt die langjährige Zivilfahnderin denn auch mal an Ruhestand? „Ich glaube, dass der Zuschauer mich in Pension schicken wird, wenn er keine Lust mehr hat“, sagt Ketikidou – und lacht.