Etwas in Deutschland ganz Gewöhnliches entwickelt sich zum Trend in den USA: Lüften. Influencer und Blogs erklären dem Land der Klimaanlagen diese deutsche Angewohnheit.
Im Land der Klimaanlage macht sich ein Trend aus Deutschland breit: Lüften. Oder wie Influencer es nennen: „German Lüften“. Lucie Rauschnabel etwa erklärt ihren rund 166.000 Followern in einem TikTok-Video, welche Gewohnheiten sie beim Aufwachsen in einem „deutschen Haushalt in den USA“ mitgenommen hat. Dann erklärt sie Lüften wie folgt: „Das bedeutet, die Fenster in einem Raum oder Haus zu öffnen und frische Luft hineinzulassen, statt die Klimaanlage aufzudrehen und sich selbst von Frischluft abzuschneiden.“ PAID Im Auge des Windes – 15.25 Uhr
Der Blog „Apartment Therapy“ preist Lüften sogar als „deutsches Herbst-Ritual, das Du so schnell wie möglich ausprobieren solltest“ an. Autorin Lara Walsh schreibt: „Beim Durchstöbern von Videos zur Herbstästhetik auf TikTok und Instagram entdeckte ich ‚Lüften‘, eine deutsche Angewohnheit, die Ihr Zuhause mit minimalem Aufwand von abgestandener Luft und Schimmel befreit.“ Ersteres kann man getrost unterschreiben. Doch wegen des Schimmels denken viele Deutsche bestimmt: „Kommt darauf an, WIE man lüftet!“ Walsh jedenfalls schreibt: „Die frische Luft, die in Ihrem Haus zirkuliert, hat auch zusätzliche gesundheitliche Vorteile, wie zum Beispiel mehr Energie, bessere Laune, ein besseres Wohlbefinden der Atemwege und sogar eine bessere Verdauung.“
Kritik am Trend zum Lüften in den USA
Weit weniger positiv sieht „Politico“-Reporter Aitor Hernández-Morales das Lüften: „Doch bei aller Begeisterung für die frische Luftzirkulation weisen Forscher darauf hin, dass die nationale Hingabe an das Lüften die Energieeffizienz von Gebäuden – und die Ziele Berlins zur Emissionsreduzierung – aktiv untergraben könnte.“ Er verweist auf einen Fachartikel, der genau das bemängelt: „Während die Haushalte unterschiedliche und wechselnde Temperaturbedürfnisse haben und eine schnelle Anpassung wünschen, bietet das energieeffiziente Gebäude homogene Temperaturen und langsame Temperaturänderungen. Dies führt dazu, dass die Haushalte die Fenster oft und lange öffnen, um ihre Bedürfnisse nach thermischer Behaglichkeit zu erfüllen – selbst im tiefsten Winter. Die direkten und indirekten Heizenergieverluste aufgrund der beobachteten Lüftungspraktiken können zur Energieleistungslücke energieeffizienter Gebäude beitragen.“
Ob da mehr Energie verloren geht als durch permanent laufende Klimaanlagen? Man darf gespannt sein, ob der „German Lüften“ Trend in den USA wieder verschwindet – oder ob er sich sogar zur Gewohnheit auswächst.
Quellen:Blog „Apartment Therapy“, Lucie Rauschnabel auf TikTok, „Politico“ zum Lüften, „Energy Research and Social Science“ zum Lüften.