Ermittlungen in Augsburg: SPD für Nachbesserungen statt Minister-Rücktritt

Die SPD im Landtag kritisiert den Umgang des Justizministeriums mit Vorwürfen um die JVA Augsburg-Gablingen – fordert aber nicht den Rücktritt.

Die Landtags-SPD fordert nach der Stellungnahme von Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zu den Misshandlungsvorwürfen gegen Mitarbeiter der JVA Augsburg-Gablingen ausdrücklich nicht den Rücktritt des Ministers. Das sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD, Horst Arnold, im Deutschlandfunk.

Arnold kritisierte zwar den anfänglichen Umgang des Ministeriums mit den Vorwürfen, diese seien zu lax gehandhabt worden. Jedoch habe Eisenreich Fehler eingestanden und Projekte gestartet, die möglicherweise Mängel beheben könnten. „Wir fordern jetzt erst einmal nicht den Rücktritt – das ist ganz klar – weil wir nicht krakeelen, sondern auf Faktenbasis arbeiten wollen“, so der SPD-Politiker. Allerdings habe die Pressekonferenz am Donnerstag kein gutes Licht auf den Umgang mit Beschwerden im Strafvollzug in Bayern geworfen.

Als Skandal bezeichnete es Arnold, dass erst jetzt Statistiken über Beschwerden im Strafvollzug eingeführt wurden. Der Strafvollzug sei einer der gewichtigsten Eingriffe bei der Bevölkerung, und insofern seien der Strafvollzug und Beschwerden daraus Chefsache. 

Zwischenbericht des Ministers

Minister Eisenreich hatte am Donnerstag einen Zwischenbericht vorgelegt. Eine zentrale Frage war, wann das Ministerium Bescheid wusste: Nach Angaben Eisenreichs ging am 18. Oktober 2023 im Ministerium eine E-Mail der Amtsärztin ein, die den Fall jetzt ins Rollen brachte. Darin schrieb sie von – so sagt es Eisenreich – „schweren Missständen“ in besonders gesicherten Hafträumen (sogenannten BgH) in Augsburg-Gablingen.

Am 25. Oktober habe die zuständige Abteilung des Ministeriums einen Bericht der JVA angefordert und die Ärztin gebeten, ihre Angaben zu konkretisieren. Am 26. Oktober 2023 sei das Schreiben der Ärztin an die Staatsanwaltschaft Augsburg weitergeleitet worden. 

„Das hat die Abteilung gemacht. Was sie nicht gemacht hat, war mich zu informieren“, sagte der Minister. Es sei aber nichts vertuscht worden, mögliche Straftaten würden konsequent verfolgt. Die Abteilung habe die Aufklärung der Vorwürfe primär bei der Staatsanwaltschaft gesehen. „Anlass für aufsichtliches Einschreiten wurde nicht gesehen“, sagte Eisenreich. 

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Bei einer Visitation der JVA im Jahr 2023 sei zunächst kein Gesprächsbedarf seitens der Häftlinge festgestellt worden und laut Eisenreich gab die Staatsanwaltschaft dem Ministerium noch im Juni dieses Jahres zu verstehen, dass „bisherige Ergebnisse der Vorermittlungen eher nicht auf ein strafrechtliches Verhalten hindeuten“. Allerdings hätten sich in jüngerer Zeit Beschwerden über die JVA gehäuft. 

Im August dieses Jahres habe es einen unangekündigten Besuch der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter gegeben. Der Bericht zu diesem Besuch liege noch nicht vor. Allerdings sei nach dem Besuch dort ein anonymer Hinweis darauf eingegangen, dass die Prüfer von der Anstalt getäuscht worden seien. 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft am 24. und am 30. Oktober in der JVA umfangreiche Unterlagen sowie Mobiltelefone sichergestellt, die nun ausgewertet würden. Daneben solle eine Vielzahl von Zeugen vernommen werden. 

Wem wird was vorgeworfen?

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zehn inzwischen suspendierte Mitarbeiter der JVA – darunter auch die Frau, die bis vor Kurzem stellvertretende Leiterin war. Wie die Behörde mitteilte, geht es unter anderem um mögliche Körperverletzungsdelikte im Amt sowie um tätliche Übergriffe von Beschäftigten auf Gefangene. Laut dem Justizministerium wurden Disziplinarmaßnahmen gegen die Beschuldigten eingeleitet.

Es besteht nach Angaben der Staatsanwaltschaft der Anfangsverdacht, dass Gefangene möglicherweise unbekleidet in besonders gesicherten Hafträumen ohne gefährdende Gegenstände untergebracht worden sein sollen, ohne dass die besonderen Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen. 

Welche Konsequenzen gab es?

Die suspendierte stellvertretende Leiterin weist über ihre Anwälte die Vorwürfe zurück. Eine neue stellvertretende Leiterin ist laut Minister kommissarisch im Amt, diese leite vorerst die JVA. Denn die Anstaltsleiterin ist seit Donnerstag ebenfalls vorerst vom Dienst freigestellt. Sie sei aber weder Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren, noch laufe ein Disziplinarverfahren gegen sie, betonte der Minister.

Im Ministerium wurde eine Task-Force eingesetzt, die für die interne Aufarbeitung im Ministerium und in der JVA zuständig sein soll. Auch die Berichtspflichten an das Ministerium wurden seinen Angaben zufolge verschärft. Außerdem sollen Statistiken erstellt werden.