Termindruck, Arbeitsverdichtung, immer mehr Aufgaben: Viele Beschäftigte sind in ihren Jobs spürbaren Belastungen ausgesetzt. Der DGB spricht von einem Alarmsignal.
Jeder zweite Beschäftigte in Nordrhein-Westfalen fühlt sich einer Umfrage zufolge bei Arbeit häufig gehetzt oder ständig unter Zeitdruck. Das ist das Ergebnis von Befragungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zu den Arbeitsbedingungen unter rund 3200 Beschäftigten in NRW zwischen 2020 und 2023. Während die Arbeitsintensität besonders schlecht bewertet wird, sehen viele Beschäftigte aus NRW aber einen hohen Sinngehalt in ihrer Arbeit. Auch die Jobsicherheit gehört zu den am besten bewerteten Kriterien des am Dienstag in Düsseldorf vorgelegten „DGB-Index Gute Arbeit“.
Die Vorsitzende des DGB NRW, Anja Weber, nannte die Ergebnisse ein Alarmsignal. Es sei bekannt, dass viele Beschäftigte wegen des hohen Drucks bei der Arbeit ihre Arbeitszeit reduzierten, den Beruf wechselten oder vorzeitig in Rente gingen. „Nicht der übertriebene Wunsch nach „Work-Life-Balance“, sondern Überlastung ist oft der Grund dafür, warum diese Arbeitnehmer weniger arbeiten als sie eigentlich könnten“, sagte Weber.
Pflegeberufe besonders belastet
Nur 16 Prozent der Befragten bewerteten ihre Arbeitsbedingungen insgesamt als gut. 15 Prozent sprachen von einer schlechten Arbeitsqualität. Dabei gibt es zwischen den einzelnen Berufsbereichen große Unterschiede. Während die IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufe am besten abschnitten, haben Pflegekräfte, Erzieher und Erzieherinnen sowie Lehrkräfte besonders stark mit Arbeitshetze zu kämpfen.
In den Pflege- und Erziehungsberufen wurde auch die Einkommenssituation kritisch bewertet. Die Befragten klagten auch über unzureichende betriebliche Sozialleistungen wie Altersvorsorge oder Gesundheitsversorgung. Zudem arbeiten diese Gruppen häufig unter hohen körperlichen Anforderungen. Ihre körperliche Belastung sei ähnlich stark wie bei Maschinen- oder Anlagenführern, Reinigungskräften oder Paketzustellern, hieß es.
Rente reicht nicht
Viele Befragten haben auch finanzielle Sorgen und empfinden ihr Einkommen mit Blick auf die Arbeitsleistung als unangemessen. 40 Prozent gaben an, dass ihre Rente aus der Erwerbstätigkeit nicht reichen werde.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab es etwa bei der Bewertung der Arbeitszeiten. So bewerteten Frauen ihre Lage besser als Männer. Der DGB erklärte das damit, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten. Dafür sorgten sich Frauen der Erhebung zufolge mehr um ihr Einkommen und ihre Rente. Auch das könnte nach Ansicht des DGB Ausdruck der hohen Teilzeitquote, aber auch der häufig schlechteren Bezahlung in frauendominierten Berufen sein.
Altersunterschiede
Unterschiede bei der Arbeitsbewertung traten zudem bei jüngeren und älteren Beschäftigten auf. So wird mit zunehmendem Alter der Anteil derjenigen größer, die mehr Sinn in ihrer Arbeit sehen. Jüngere Befragte fühlen sich dagegen weniger gehetzt und sehen sich seltener mit widersprüchlichen Arbeitsanforderungen konfrontiert.
„Wer glaubt, mit mehr Druck und längeren Arbeitszeiten den Fachkräftemangel bekämpfen zu können, ist auf dem Holzweg“, sagte Weber. Arbeit, die belaste und krank mache, verschärfe vielmehr den Fachkräftemangel. Nicht ein „ständiges Herumdoktern“ am Arbeitszeitgesetz, sondern Arbeitszeiten, die zum Leben passten und zugleich klare Grenzen führen nach Worten Webers dazu, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit aufstockten. Weber sah angesichts des zunehmenden Drucks auch die Zustimmung der Beschäftigten zu notwendigen Veränderungen der Arbeitswelt, etwa zur ökologischen Transformation, als problematisch.
DGB-Index Gute Arbeit