Bevölkerungsdaten sind wichtig für den Länderfinanzausgleich und auch für die Planung vor Ort – zum Beispiel, wenn es um Wohnraum und Kitaplätze geht. Neue Daten sorgen jetzt für eine Überraschung.
Deutschland hat aktuell rund 83 Millionen Einwohner – und damit etwa 1,6 Prozent weniger als bisher angenommen. Das zeigen die ersten Daten des Zensus 2022, die am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurden.
In seiner Schätzung vom Januar war das Statistische Bundesamt noch davon ausgegangen, dass sich derzeit rund 84,7 Millionen Menschen mittelfristig in der Bundesrepublik aufhalten. Laut Zensus 2022 lebten am 15. Mai 2022 aber lediglich rund 82,7 Millionen Menschen in Deutschland. Das sind etwa 1,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner weniger, als bislang auf Basis der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung angenommen wurde, wie die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand, erklärte.
Der Zensus ermittelt die Bevölkerungszahlen aller 10 786 Gemeinden Deutschlands. In 56 Prozent dieser Gemeinden hatte es am 15. Mai 2022 mindestens ein Prozent weniger Menschen gegeben. Beim Zensus gehe es auch darum, Fehler zu korrigieren, sagte Brand, das sei „ganz normal“. Nach den neuen Daten wuchs die Bevölkerung Deutschlands zwischen dem Zensus von 2011 und dem von 2022 um rund 2,5 Millionen Einwohner.
Bevölkerungszahl für Köln deutlich nach unten korrigiert
Besonders groß war den Angaben zufolge die Abweichung für Köln, wo zum Stichtag 5,6 Prozent weniger Menschen lebten als angenommen. Köln bleibe aber trotzdem Millionenstadt, sagte Thomas Gößl, der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Die geringste prozentuale Abweichung der Bevölkerungszahl der Großstädte gab es in München, wo es im Mai 2022 zwei Prozent weniger Einwohner gab als man zuvor geglaubt hatte.
Lediglich in Bremen und im Saarland war die Bevölkerung im Mai 2022 größer als bisher angenommen. In Bremen lebten demnach 1,9 Prozent mehr Menschen als nach den bisherigen Daten. Im Saarland lag das Plus bei 1,8 Prozent. In Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg war die Bevölkerung dagegen um jeweils 3,5 Prozent geringer als angenommen. Ein Plus von 0,9 Prozent gegenüber den zuvor angenommenen Daten ermittelten die Statistiker zur Zahl der Einwohner von Dortmund.
Weniger Ausländer als bislang angenommen
Die bundesweiten Abweichungen zur Bevölkerungsfortschreibung betreffen den Angaben zufolge zu rund 71 Prozent die ausländische Bevölkerung. Laut Zensus 2022 lebten am 15. Mai 2022 in Deutschland rund 10,9 Millionen Ausländerinnen und Ausländer – fast eine Million weniger als bislang amtlich ausgewiesen. Ein Grund dafür sei, dass sich manche Ausländer nicht in Deutschland abgemeldet hätten, etwa wenn sie ihren Ruhestand im Ausland verbringen, sagte Gößl. Er verwies zudem auf die „hohe Mobilität durch die Fluchtbewegung von 2015“, die für die Statistiker nicht einfach abzubilden sei. Ein Großteil der Kriegsflüchtlinge, die nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nach Deutschland gekommen waren, sei in den Zensus-Daten bereits berücksichtigt.
Brand sagte, der Stichtag sei „in eine unruhige Zeit“ gefallen. Der Zensus erfasst alle Menschen, die ihren regelmäßigen Aufenthaltsort in Deutschland haben. Regional verortet werden sie da, wo sie ihren Hauptwohnsitz haben.
„Bei allen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind wir auf verlässliche Fakten angewiesen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Mit den Ergebnissen des Zensus 2022 hätten die statistischen Ämter des Bundes und der Länder nun eine wichtige aktuelle Datenbasis geschaffen.
Nächster Zensus 2031
Die nächste Zensus-Runde ist laut Statistischem Bundesamt für 2031 geplant. Dann wollen sich die Statistiker nach eigenen Angaben allerdings noch stärker als bei der zurückliegenden Erhebung auf bereits vorliegende Daten aus Registern stützen. Für den Zensus 2022 waren zusätzlich bei einer Haushaltsbefragung etwa 10,3 Millionen Menschen interviewt worden. Ursprünglich war der Zensus für 2021 geplant gewesen. Wegen der Corona-Pandemie wurde er ins Folgejahr verschoben. Die Kosten für den Zensus 2022 waren mit etwa 1,5 Milliarden Euro veranschlagt worden. Welche Daten in Deutschland in welchem Rhythmus erhoben werden müssen, hängt auch mit entsprechenden Vorgaben der Europäischen Union zusammen.