Weltpremiere: Premiere von „Rust“ mit Schweigeminute für tote Kamerafrau

Beim Dreh des Westerns „Rust“ mit Darsteller Alec Baldwin wird 2021 eine Kamerafrau getötet. Nun feiert der Film bei einem Festival in Polen Premiere. Die Mutter der Getöteten boykottiert das Event.

Mit einer Schweigeminute für die bei den Dreharbeiten getötete Kamerafrau Halyna Hutchins hat in Polen die Weltpremiere des Westerns „Rust“ stattgefunden. US-Regisseur Joel Souza würdigte Hutchins nach der Vorführung. „Halyna war eine Geschichtenerzählerin. Sie wäre irgendwann auch Regisseurin geworden, da gibt es keinen Zweifel“, sagte er beim Camerimage-Filmfestival in Torun. 

Die Mutter von Hutchins sagte ihre ursprünglich geplante Teilnahme an der Premiere ab. US-Schauspieler Alec Baldwin (66) weigere sich, sich bei ihr zu entschuldigen und Verantwortung für den Tod ihrer Tochter zu übernehmen, teilte Olga Solovey über ihre Anwältin Glora Allred mit. „Stattdessen will er ungerechterweise von der Tötung meiner Tochter profitieren.“ Die Veranstalter hatten ursprünglich angekündigt, dass die in der Ukraine lebende Solovey kommen wollte, wenn es ihr die Bedingungen in dem umkämpften Land ermöglichen.

Todesschuss am Filmset

Die aus der Ukraine stammende Kamerafrau war bei Dreharbeiten zu dem Western auf einer Filmranch in Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico im Oktober 2021 tödlich verletzt worden. Hauptdarsteller und Produzent Baldwin hantierte bei der Probe für eine Szene mit einer Waffe, als sich ein Schuss löste. Regisseur Souza wurde bei dem Vorfall von dem Projektil verletzt. Untersuchungen ergaben später, dass in dem Colt eine echte Kugel steckte. Hutchins hinterlässt einen Ehemann und einen Sohn.

Die Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed, die am Set für Waffensicherheit zuständig war, wurde im vergangenen Frühjahr wegen fahrlässiger Tötung zu 18 Monaten Haft verurteilt. Die Frage, wie die scharfe Munition ans Set gelangte, ist bis heute nicht geklärt. Gutierrez-Reed und Baldwin hatten die Schuld an dem Vorfall wiederholt von sich gewiesen. 

Auch Zivilverfahren angestrengt

Baldwin war in einem separaten Verfahren ebenfalls wegen fahrlässiger Tötung angeklagt worden. Doch im Juli wurde der bereits angelaufene Prozess überraschend eingestellt. Die Verteidiger hatten der Staatsanwaltschaft die Vorenthaltung von Beweismitteln und damit grobes Fehlverhalten vorgeworfen. 

Der Ehemann der Kamerafrau, Matthew Hutchins, hatte sich mit Baldwin und der Produktionsfirma außergerichtlich auf eine Entschädigung geeinigt. Zudem gehen die in der Ukraine lebenden Eltern und die jüngere Schwester mit einer Zivilklage gegen Baldwin und andere Beteiligte vom Dreh vor. Dabei geht es um Entschädigungen für entstandenen Schmerz durch den Tod des Kindes. 

Dreharbeiten wurden nach Unglück fortgesetzt

Die zunächst eingestellten Dreharbeiten wurden 2023 von Regisseur Souza im US-Staat Montana fortgesetzt. Erst habe er sich nicht vorstellen können, jemals wieder einen Dreh zu machen, sagte Souza nach der Premiere in Torun. Doch der Ehemann von Hutchins habe ihn überzeugt, dass die Menschen die Kamerafrau nicht nur mit ihrem tragischen Ende verbinden sollten, sondern auch mit ihrer Arbeit. „Ich habe jedes Bild, das sie aufgenommen hat, aufbewahrt“, sagte Souza. 

Hutchins habe den „Look“ des Films geprägt, sagte in Torun Kamerafrau Bianca Cline, die die Arbeit der getöteten Kollegin fortführte. Sie habe sich bemüht, den Stil fortzusetzen.

So ist der Film

In „Rust“ spielt Baldwin den Banditen Harland Rust, der in einer besonderen Mission unterwegs ist. Sein 13-jähriger verwaister Enkel Lucas, der den Großvater nicht kennt, hat aus Versehen einen Mann erschossen und wird zum Tod durch Erhängen verurteilt. Bevor es dazu kommt, befreit Rust den Jungen aus dem Gefängnis. Auf dem Pferd fliehen die beiden vor Kopfgeldjägern und Gesetzeshütern Richtung Mexiko. 

„Rust“ hat viele Szenen, die man von einem Western erwartet. Die klassischen Prügeleien im Saloon, der Showdown auf der staubigen Straße, die Verfolgungsjagden zu Pferd. Unzählige Male zieht der von Baldwin gespielte Bandit Rust die Waffe. Der Film macht gleichzeitig auch Anleihen beim Road Movie. Auf ihrer gemeinsamen Reise kommen sich der rabiate Opa und sein misstrauischer Enkel langsam näher. Besonders besticht der Film durch die Aufnahmen der Landschaft, die so rau, unwirtlich und gefährlich wirkt wie die Sitten der Charaktere.

Filmfestival hebt Arbeit der Kameraleute hervor

Das Filmfestival Camerimage im westpolnischen Torun, wo der Film nun Premiere hatte, gilt als besonderer Tipp für Cineasten, weil es die Arbeit von Kameraleuten in den Vordergrund stellt. Bei der Premiere sagte Festivalveranstalter Marek Zydowicz: „Wir haben diese Vorführung organisiert, weil dies der Traum von Halyna war. Sie wollte, dass dieser Film auf dem Camerimage gezeigt wird, weil sich hier immer ihre Freunde treffen.“ Dieser Wunsch der Kamerafrau und die künstlerische Qualität des Films hätten den Ausschlag gegeben für die Entscheidung, ihn dort zu zeigen.