Meinung: Wer Reiche nicht härter besteuert, gefährdet die Demokratie

Für die 250 deutschen Milliardäre braucht es eine Reichensteuer. Ihr Leben unterscheidet sich grundlegend von dem der Normalos, die tatsächlich mehr Steuern zahlen.

Es ist eine erstaunliche Paradoxie unserer Zeit: Während Milliardäre in vielen Ländern immer geringere Steuern zahlen, trägt die breite Mitte einen wachsenden Anteil an der Steuerlast.

Besonders auffällig ist dieses Ungleichgewicht in Deutschland. Bei uns gelten für die Reichen inzwischen nur halb so hohe Steuer- und Abgabensätze wie für den Durchschnittsbürger.

Noch vor 30 Jahren war das Bild ein ganz anderes – damals lag der effektive Steuersatz für die Superreichen bei etwa 60 Prozent. Heute sind es weniger als 30 Prozent. Der Normalo zahlt in der Spitze 42 Prozent, dazu hohe Sozialabgaben.

Eine Reichensteuer einzuführen, könnte die Lücken im Staatshaushalt schließen. Stattdessen spart man lieber an Projekten wie der Kindergrundsicherung und dem Deutschlandticket.

Das ist nicht nur amoralisch, es gefährdet die Demokratie.

Reichensteuer muss kommen

Auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro schlug Brasilien nun vor, dieses Missverhältnis zu korrigieren. Die Teilnehmer unterschrieben eine Absichtserklärung: Man werde sich gemeinsam darum bemühen, sehr vermögende Personen effektiv zu besteuern.

Diese Art Vorstöße sind nicht neu. Dass sich jetzt etwas Grundlegendes ändern wird, wäre eine Überraschung. In vielen Köpfen haben sich teils absurde Vorstellungen und Befürchtungen festgesetzt.

30612052

Kritiker warnen davor, dass höhere Steuern für Reiche Investitionen hemmen und das Wirtschaftswachstum bremsen könnten. Doch führen niedrigere Steuern für Reiche tatsächlich zu mehr Investitionen und Arbeitsplätzen?

Tatsächlich fließt ein Großteil ihrer freien Mittel in entrückte und klimafeindliche Hobbys und Spielereien. Hier ein Privatflug, da ein Trip auf der Megayacht durch die Karibik. Dem Normalo niedrige Steuern für Reiche als Vorteil zu verkaufen, ist perfide – und gefährlich.

Es geht um Gelder und Moral

Es geht nicht nur um die Höhe der Steuern, sondern auch um deren Effektivität und Transparenz. Eine umfassende Steuerreform, die Steuerschlupflöcher schließt und internationale Steuervermeidungsstrategien bekämpft, könnte sicherstellen, dass Wohlhabende ihren fairen Anteil leisten.

Die Ausgestaltung einer solchen Reichensteuer muss so brutal sein wie möglich – sozialverträglich muss sie nicht sein.

Letztlich ist die Frage der Besteuerung auch eine moralische. In einer Gesellschaft, die Chancengleichheit und Gerechtigkeit als Werte hochhält, ja sie gar zur Grundlage ihres Systems macht, müssen Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass Reichtum nachhaltig und gerecht verteilt wird.

Eine kluge und gerechte Steuerpolitik könnte hier der Schlüssel sein – nicht nur zur Minderung der Ungleichheit, sondern auch zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und des Vertrauens in demokratische Institutionen.