Nicht alles, was bunt blüht, ist für Bienen gesund. Eine neue Studie nennt Top-Pflanzen für Garten und Wiese. Manche haben allerdings auch Nachteile
Lavendel, Kornblumen, Mohn – oder doch lieber Salbei? Viele wollen Bienen und Hummeln den Tisch decken und pflanzen bunt blühende Kräuter in ihren Gärten oder auf dem Balkon. Überall in Innenstädten sprießen blühende Inseln, die Insekten anlocken sollen. Nur: Ist das, worauf die Brummer fliegen, auch gesund für sie? Welche Nährstoffe brauchen Bienen und Hummeln und finden sie die auf den bunten Blühflächen?
Bekannt ist, dass Nektar für Bienen die wichtigste Energiequelle für Kohlenhydrate wie Frucht-oder Traubenzucker ist, während Pollen vor allem Protein und Fett liefert. Ohne lebenswichtige Omega-6 und Omega-3-Fettsäuren sterben Bienen früh, weil ihr Immunsystem schwächelt. Ein schlechter Fettsäure-Mix wiederum dämpft die Hirnleistung. Aminosäuren sind wichtige Bausteine für Eiweiße im Körper. Doch zu viel davon macht Bienen anfällig für Krankheitserreger wie den Nosema-Pilz, der den als „Frühjahrsschwindsucht“ gefürchteten Bienen-Durchfall verursacht.
Der beste Pollen für Bienen? Erstaunlich wenig erforscht
Es ist also kompliziert. Nicht nur für Insektenforscher stellt sich daher die Frage: Welcher Pollen ist der beste für die Bienen-Diät? Allerdings wurde dazu bisher erstaunlich wenig geforscht. Neue Daten liefert nun eine Studie aus Kanada: Ein Forscherinnen-Team der York University in Toronto ließ Blütenstaub von 57 wichtigen Bienenpflanzen in Nordamerika auf Nährstoffe hin analysieren – insbesondere auf freie Fettsäuren und lebenswichtige „essenzielle“ Aminosäuren. Darunter waren diverse Pflanzenarten, die auch bei uns in Europa heimisch sind: Löwenzahn etwa, Weißklee, Schneeball- oder Himbeerstrauch.AF_Wildblumenwiese anlegen
Optimale Nahrung wird für Insekten immer wichtiger, denn sie macht die kleinen Flieger robuster gegen eine wachsende Zahl von Stressfaktoren, die Hummeln, Wildbienen und Honigbienenvölker seit Jahren dezimieren. Krankheiten und Parasiten wie die Varroa-Milbe setzen ihnen zu, der Klimawandel verschiebt Vegetationszonen und verändert den Nährstoffgehalt von Pflanzen, Wildkräuterwiesen werden zu oft gemäht, Pestizide wie die berüchtigten Neonicotinoide geben Bienen den Rest. Was verheerend ist, weil die weltweit mehr als 20.000 Bienenarten nicht nur Wildkräuter bestäuben, sondern auch unzählige Nutzpflanzen vom Apfelbaum bis zur Zucchini.
Honigbienen mögen es fettarm, Hummeln sind Generalisten
Allerdings hat nicht jeder Bestäuber die gleichen Bedürfnisse: Honigbienen mögen es fettarm, Mauerbienen eiweißreich und die Dunkle Erdhummel ist Generalist und bedient sich bei bis zu 400 verschiedenen Blüten – sofern sie sie denn findet. Als die Forscherinnen aus Toronto für ihre Studie nun die Ansprüche der Insekten mit ihren Pollenanalysen abglichen, schälte sich eine Art „Bestenliste“ heraus.
Favorit der gesunden Honigbienen-Diät war zum Beispiel eine gelbe Wiesenblume: der Scharfe Hahnenfuß, der auch Deutschland heimisch ist und von Gärtnern und Imkern oft als Bienenweide angepflanzt wird. Was Insekten sicher hilft, denn in der Landwirtschaft ist die Butterblumenart weniger beliebt und wird zum Teil sogar bekämpft: In größeren Mengen ist der Scharfe Hahnenfuß nämlich giftig für Rinder und anderes Weidevieh. Im Garten sollte man ihn eher mit Handschuhen anfassen, weil sein Saft Hautrötungen verursachen kann.Bienen und Blumen – Die Verführung der Biene
Doch auch harmlosere Gewächse erwiesen sich als nahrhaft für Bienen, etwa Weißklee und gelber Hornklee, Himbeere und Wildrosen sowie der Schneeballstrauch mit seinen weißen Blüten. Unter den größeren Pflanzenfamilien stachen positiv die Korbblütler hervor, zu denen Astern, Kornblumen oder die hellblau blühende Wegwarte gehören. Sie erwiesen sich vor allem als reichhaltige Quelle für essenzielle Aminosäuren.
Bienen und Hummeln leben von der Mischkalkulation
Wichtigste Erkenntnis der Forscher war allerdings: Es gibt zwar viele gute Pollenpflanzen – allerdings keine perfekten. Meist ist Blütenstaub entweder reich an Fettsäuren oder an Aminosäuren, aber nicht an beidem. Bienen oder Hummeln sind also beim Pollensammeln immer auf eine Art Mischkalkulation angewiesen. Es deute sich an, dass Bienen „von einer vielfältigen Blütendiät mehr profitieren als von einer einzelnen Pollenquelle“, erklärt Sandra Rehan von der York University, die Hauptautorin der kanadischen Studie. Keine einzelne Pflanze sei daher optimal für die Wildbienengesundheit.
Für eine ausgewogene Mischung an Fett- und Aminosäuren müssen Bienen also immer viele verschiedenen Pflanzen anfliegen. Dafür brauchen sie Hilfe. Ihre Studie zeige die Bedeutung von vielfältigen Blühlandschaften für die Nahrungsansprüche von Wildbienen, schreiben die Autorinnen. Bei allem gut gemeinten Pflanzen und Gärtnern sei es daher immens wichtig, vor allem diese Flächen durch Naturschutz zu erhalten.