Linkskandidat Yamandú Orsi zum Präsidenten Uruguays gewählt

Machtwechsel in Uruguay: Der Kandidat des Linksbündnisses Frente Amplio, Yamandú Orsi, ist zum neuen Präsidenten des Landes gewählt worden. Nach Auszählung von 94,4 Prozent der Stimmbezirke erhielt Orsi bei der Stichwahl am Sonntag 1,12 Millionen Stimmen gegenüber 1,04 Millionen Stimmen seines Mitte-Rechts-Konkurrenten Álvaro Delgado, wie das Wahlgericht mitteilte. In einer Rede vor Anhängern kündigte Wahlsieger Orsi an, er werde „immer wieder“ zum nationalen Dialog aufrufen, „um die besten Lösungen zu finden“.

Delgado hatte nach Bekanntwerden erster Hochrechnungen bereits seine Niederlage eingestanden. „Heute haben die Uruguayerinnen und Uruguayer entschieden, wer die Präsidentschaft der Republik übernehmen wird“, sagte Delgado vor Anhängern in Montevideo. Er sende „eine große Umarmung und einen Gruß“ an den siegreichen Linkskandidaten Yamandú Orsi, fuhr Delgado fort. Die Hochrechnungen hatten Orsi bei rund 49 Prozent der Stimmen gesehen, Delgado bei rund 46 Prozent.

In der Hauptstadt Montevideo, einer Hochburg der Frente Amplio, brach Jubel aus, als die Hochrechnungen Orsi in Führung sahen.

In der ersten Runde Ende Oktober hatte Orsi vom Parteibündnis Frente Amplio (Breite Front) mit fast 44 Prozent den ersten Platz erreicht. Der 57-Jährige lag auch in den Umfragen für die zweite Runde leicht vorne, der Abstand zu Delgado von der Nationalen Partei des amtierenden Präsidenten Luis Lacalle Pou hatte sich in den letzten Tagen vor der Wahl jedoch verringert. 

In Uruguay, einer der stabilsten Demokratien Lateinamerikas mit einem vergleichsweise hohen Pro-Kopf-Einkommen und geringer Armut, besteht Wahlpflicht.

Obwohl die Wahl das Machtgleichgewicht in Uruguay verschieben wird, gehen Analysten nicht von einem massiven Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik des Landes aus. Orsi gilt als moderater Linker und hatte einen „nicht radikalen Wandel“ angekündigt. Beide Kandidaten hatten im Wahlkampf versprochen, die mit dem Drogenhandel verbundene Kriminalität zu bekämpfen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. 

Bei Parlamentswahlen im Oktober hatte Orsis Bündnis eine Mehrheit im Senat erlangt. Im Repräsentantenhaus ist Frente Amplio allerdings in der Minderheit.

Orsi gilt als Zögling des äußerst populären Ex-Präsidenten José „Pepe“ Mujica, der als der „ärmste Präsident der Welt“ in seiner Amtszeit von 2010 bis 2015 wegen seines bescheidenen Lebensstils bekannt wurde. Orsi wurde auf dem Land in einem Haus ohne Strom geboren und wurde später Geschichtslehrer.