Vorwurf Morddrohung: „Demonstrantenjäger“: Pick-up-Fahrer für Aufdrucke gegen Klimakleber verurteilt

Wegen mutmaßlich bedrohlicher Aufkleber auf seinem Fahrzeug ist ein Pick-up-Fahrer in Bayern verurteilt worden. Das Gericht sieht eine Morddrohung, die Verteidigung einen Witz.

Bei der Staatsanwaltschaft im bayerischen Rosenheim ging im Mai dieses Jahres ein anonymer Hinweis ein. Einer Person war auf einem Parkplatz ein schwarzer Pick-up mit weißen Aufklebern und einer Deutschlandflagge auf dem Dach aufgefallen. „Demonstrantenjäger“ stand an beiden Seiten des Fahrzeugs und in kleinerer Schrift auch an der Front-Stoßstange. Dort klebte außerdem ein Emoji, das eine sitzende Person mit einem Schild in der Hand auf dem Boden zeigt – offenbar ein Mitglied der Letzten Generation. Daneben 28 Striche. Zudem war vorne eine Warnweste befestigt. Sie werden häufig von Kilmaaktivisten getragen, die sich auf der Straße festkleben.

Das Amtsgericht Rosenheim meint, die Strichliste solle symbolisieren, dass der Angeklagte mit dem Fahrzeug bereits 28 Demonstranten überfahren habe. Der Beschuldigte habe so zum Ausdruck bringen wollen, dass er – im Falle eines Aufeinandertreffens mit sogenannten Klimaklebern – diese durch Überfahren töten werde. Es belegte den Besitzer des Fahrzeuges mit einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen. 

Dieser legte über seinen Verteidiger Einspruch gegen die Entscheidung ein. „Dass diese Aufkleber strafbar sind, ist schon abwegig. Aber die Höhe der Strafe ist maximal überzogen“, sagt Strafverteidiger Konstantin Grubwinkler dem stern. Das entspricht in seinem Fall fünf Monatsgehältern. „Man muss sich vorstellen, was man mit einem Menschen anstellen müsste, um für eine Körperverletzung 150 Tagessätze zu bekommen“, so Grubwinkler.

Pick-up-Aufkleber sollten nur ein Witz sein

Das Amtsgericht Rosenheim beruft sich bei seiner Bestrafung auf Paragraf 126 des Strafgesetzbuches. Dabei komme es auf die Umstände des Einzelfalles an, über die das Gericht in der anstehenden mündlichen Verhandlung unabhängig entscheiden will. Der Angeklagte soll in diesem Fall den Tatbestand „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ erfüllt haben. Der Vorwurf einer Morddrohung steht also im Raum.

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„Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach dieser Norm ist nicht, dass der Angeklagte konkrete Straftaten gegen Demonstranten plante“, erklärt der Pressesprecher des Amtgerichts Rosenheim gegenüber dem stern. „Es reicht aus, wenn bestimmte schwere Straftaten angedroht werden, diese Androhung in die Öffentlichkeit gelangt und der ‚öffentliche Friede‘ gestört wird.“ Dies könne bereits der Fall sein, wenn die Öffentlichkeit schwere Straftaten befürchten muss. „Andererseits dürften Ankündigungen, die offensichtlich nicht ernst zu nehmen sind, nicht unter den Tatbestand fallen“, so der Sprecher weiter.

Aus Sicht der Verteidigung trifft der letzte Punkt in diesem Fall zu. „Wenn jemand das Fahrzeug sieht, geht doch keiner davon aus, dass das eine Morddrohung ist“, meint Konstantin Grubwinkler. Mit gesundem Menschenverstand könne man verstehen, dass die 28 Striche nicht wirklich bedeuteten, dass der Fahrer so viele Aktivisten über den Haufen gefahren habe oder fahren wolle. Kollegen und Professoren, die er zu dem Fall gefragt habe, hätten ihm alle zugestimmt, sagt Grubwinkler. Es sei offensichtlich, dass es sich bei den Aufdrucken um einen Witz handele, argumentiert der Verteidiger weiter. Ob der von allen als witzig empfunden wird, sei dahingestellt. „Die Grenze des guten Geschmacks ist aber nicht die Grenze der Strafbarkeit“, betont er.

Prozess in Bayern steht im Frühjahr an

Noch ist das Verfahren nicht abgeschlossen. Das Amtsgericht Rosenheim habe bislang nicht über einen möglichen Schuldspruch und über eine etwaige Strafe entschieden, heißt es auf stern-Anfrage. Laut Verteidiger Grubwinkler übt das Gericht aber bereits „massiven Druck“ aus. Man ziehe sogar in Betracht, den Pick-up dauerhaft einzuziehen. Das Auto wäre dann im Besitz des Staates. Grubwinkler hat mit seinem Einspruch vorerst verhindert, dass der Strafbefehl rechtskräftig wird. Zieht er den Einspruch nicht zurück, könnte die Strafe allerdings sogar höher ausfallen. Denn das Gericht ist jetzt nicht weiter an das im Strafbefehl enthaltene Strafmaß gebunden.

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„Wir werden es aber definitiv durchziehen, weil es abwegig ist, dass das eine Straftat ist“, sagt Grubwinkler optimistisch. Der nächste Schritt sei nun, Berufung gegen das Urteil einzulegen. „Es gibt sehr viele Verteidigungsansätze“, so der Strafrechtsanwalt. Die Aussichten auf Erfolg seien aus Sicht seines Mandanten also gut. Das Amtsgericht Rosenheim gab gegenüber dem stern an, dass es derzeit plane, die öffentliche Hauptverhandlung für den 25. Februar 2025 anzusetzen.