Mit scharfer Kritik an der Agrarpolitik der Bundesregierung und Forderungen nach mehr EU-Geldern für die Landwirtschaft hat Bauernpräsident Joachim Rukwied am Mittwoch den Deutschen Bauerntag in Cottbus eröffnet. „Weite Teile der Politik haben die Botschaften von uns Bauernfamilien nicht verstanden“, beklagte Rukwied in seiner Grundsatzrede und erinnerte damit an die europaweiten Bauernproteste zum Jahresbeginn. Rukwied bewarb sich bei der Jahrestagung außerdem für eine weitere Amtszeit an der Spitze des Deutschen Bauernverbands (DBV).
Wäre das Anliegen der Bäuerinnen und Bauern nicht nur in Brüssel, sondern auch hierzulande verstanden worden, „wäre kein Düngegesetz auf den Weg gebracht“ und auch das Tierschutzgesetz nicht in dieser Form ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, sagte Rukwied. Gleiches gelte für die Vorschläge zum Pflanzenschutz. Teils gingen die geplanten Vorgaben „weit über EU-Recht hinaus“.
Der Bauernpräsident kritisierte außerdem erneut das am Dienstag von den Koalitionsfraktionen beschlossene Entlastungspaket für die deutsche Landwirtschaft. Unter anderem enthalten darin sind steuerliche Vorteile im Fall von witterungsbedingten Ertragsschwankungen und Maßnahmen zum Bürokratieabbau.
Das sei aber „lediglich ein Päckchen und Lichtjahre entfernt von dem, was notwendig ist“, sagte Rukwied. Die Bundesregierung scheine „noch immer nicht verstanden zu haben, dass der Wirtschafts- und Landwirtschaftsstandort Deutschland nur dann zukunftsfähig ist, wenn er auch wettbewerbsfähig ist“, führte Rukwied aus. „Unsere Landwirtinnen und Landwirte brauchen dringend Entlastungen – insbesondere steuerliche Entlastungen und einen echten Bürokratieabbau.“
Im Vorfeld des Bauerntags hatte Rukwied unter anderem auch um Unterstützung für höhere Lebensmittelpreise geworben. „Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, dass Lebensmittel aus Deutschland keine Selbstverständlichkeit sind und auch ihren Wert haben müssen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das müsse sowohl von der Politik auch von Verbraucherinnen und Verbrauchern erkannt werden.
Kunden müsse klar sein, dass etwa Fleisch und Wurst hierzulande „zu höheren Standards erzeugt werden als anderswo“, fuhr Rukwied fort. „Diese Lebensmittel müssen dann auch einen höheren Preis haben. Wer hochwertige, heimische Lebensmittel will, der muss auch etwas mehr bezahlen.“
Kritik daran kam von der FDP. Die Lebensmittelpreise seien bereits in Folge der Inflation „deutlich gestiegen“, erklärte der Agrar-Politiker Gero Hocker. „Hochwertige Lebensmittel müssen für die breite Bevölkerung bezahlbar bleiben.“ Verteilungsdebatten lenkten stattdessen von den wahren Problemen ab – nämlich „Bürokratie, Auflagen und Fortschrittsfeindlichkeit“.
Der Bauernpräsident forderte außerdem mehr EU-Gelder für die Landwirtschaft. „Wir brauchen auch weiterhin einen stabilen Agrarhaushalt im Bund und wegen der zunehmenden Herausforderungen ein größeres EU-Agrarbudget.“ Im Morgenmagazin des ZDF sagte er, die Landwirtschaft setze „auf die neue Kommission“ und den neuen zuständigen Kommissar oder die neue Kommissarin. „Hier müssen wir die Landwirtschaft in Europa wieder nach vorne bringen.“