Rechnungshofbericht: Rekordverschuldung und marode Förderschulen im Saarland

Wer glaubt, im Jahresbericht eines Rechnungshofes gibt es nur Zahlen, der täuscht sich. Im Saarland moniert er auch Schimmel in Schulen oder den Geruch von Betäubungsmitteln in einer Asservatenkammer.

Der Landesrechnungshof hat dem Saarland einen neuen Schulden-Höchststand attestiert: Laut Jahresbericht 2023 belief sich die Summe aus Kernhaushalt plus Sondervermögen Ende 2022 auf 17,270 Milliarden Euro. Dies bedeute eine Erhöhung gegenüber dem Vorjahr um 2,678 Milliarden Euro. „Wir sprechen also in 2022 nochmals von einer neuen Rekordverschuldung“, sagte Rechnungshof-Präsidentin Annette Groh.

Allein in zehn Jahren hätten sich die fundierten Schulden um 25 Prozent erhöht. Ihr Appell laute: „Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Landesfinanzen!“ Bereits in den beiden Vorjahren habe man jeweils von einer Rekordverschuldung sprechen müssen. Diese sei durch den drei Milliarden schweren Transformationsfonds „natürlich nicht verringert worden“. 

„Keine gute Entwicklung“ bei Investitionsquote

Zudem kritisiert der Rechnungshof, dass die Investitionsquote von 8,1 auf 7,6 Prozent gesunken sei, obwohl man schon im Vorjahr angemahnt habe, sie auf mindestens neun Prozent zu erhöhen. „Das war keine gute Entwicklung“, monierte Groh. Auch hier appelliere man, verantwortungsbewusst zu handeln. Ein „Dauerthema“ sei die alljährliche Kritik an den sogenannten Extrahaushalten: Die 13 Sondervermögen seien auf einen Höchststand von 4,347 Milliarden Euro angewachsen. 

Positiv am Haushalt 2022 sei hingegen, dass die Schuldenbremse formal eingehalten worden sei und der Stabilitätsrat ebenfalls festgestellt habe, dass keine Haushaltsnotlage drohe. So habe das Saarland erfreulicherweise auch 2022 Sanierungshilfen des Bundes in Höhe von 400 Millionen Euro vereinnahmen können. Dies werde auch 2023 der Fall sein.

Kritik an Bildungsministerium wegen Verfall in Förderschulen

Entsetzt zeigte sich Rechnungshof-Direktorin Daniela Flasche von einer Prüfung bei der Sanierung an den acht landeseigenen Förderschulen: Zwar habe man das Resultat schon „ein bisschen befürchtet“, unter dem Strich habe sie das Ergebnis aber „sehr erschüttert“. An mehreren Beispielen berichtete sie von Schulen in „desolatem“ oder „beklagenswertem Zustand“, mit Schimmel und Ungeziefer in den Räumen, zugestellten Behindertentoiletten, defekten Aufzügen in einer Schule für Körperbehinderte oder gar einem Fluchtweg für Rollstuhlfahrer, der über Fenster führte, die zudem noch defekt seien.

Die fachliche Zuständigkeit für die Bauunterhaltung liege beim Bildungsministerium, ein systematisches Instandhaltungsmanagement sei dort jedoch nicht erkennbar. „Der Sanierungsstau beziehungsweise Verfall schreitet also weiter massiv voran.“ Nach Einschätzung von Groh liegt die Ursache für die Probleme nicht an mangelnden Geldern, sondern weil der Instandsetzungsbedarf im Bildungsministerium „nicht systematisch ermittelt und weiterkommuniziert“ werde an die Bauverwaltung.

„Maßlose Stinkerei“ in Asservatenkammer

Kritische Zustände, zugleich aber auch großes Entgegenkommen der Behörde, stellte der Rechnungshof bei einer Prüfung der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft Saarbrücken fest, wo derzeit 38.000 Beweismittel aufbewahrt werden. Hier sei sofort eine „maßlose Stinkerei“ vor allem durch Betäubungsmittel aufgefallen, berichtete Direktorin Cosima von Wittenburg. 

Zudem kritisierte sie wenige Lagermöglichkeiten für Waffen und Wertgegenstände und geringe Zugangsbeschränkungen: „Hier gab es einen regelrechten Besichtigungstourismus“, sagte von Wittenburg und ergänzte: „Die Staatsanwaltschaft war sehr kooperativ und hat schon viele Maßnahmen umgesetzt, die wir empfohlen hatten.“

Bildungsministerium nimmt Kritik ernst

„Wir nehmen die Kritik des Rechnungshofs sehr ernst und teilen dessen Einschätzung, dass unsere Förderschulen gute bauliche und infrastrukturelle Rahmenbedingungen benötigen“, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Fabian Bosse. Die steigenden Anforderungen an die Förderschulen – sei es durch höhere Schülerzahlen, spezifische Förderbedarfe oder den Ganztagsanspruch – machten eine systematische und langfristige Strategie zur Sanierung und Instandhaltung notwendig. 

Das Ministerium verwies auch darauf, dass der Rechnungshof die zwischenzeitlichen Personalentwicklungen und geplanten strukturellen Änderungen sowie Konzepte in seiner Prüfungsmitteilung bereits mehrfach positiv hervorgehoben habe. 

Finanzminister: Kritik an Investitionsquote unbegründet

Finanzminister Jakob von Weizsäcker (SPD) bedankte sich beim Rechnungshof für die „wertvollen Hinweise auf Optimierungsmöglichkeiten und -bedarfe“, die man prüfen werde. Dennoch gebe es auch Einschätzungsunterschiede, die auf die besondere Rolle des Rechnungshofs zurückzuführen seien. Mit Blick auf die Hinweise zu Investitionsausgaben und gestiegenen Beständen bei den Sondervermögen wies von Weizsäcker auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie hin: Lieferengpässe und Personalausfälle hätten zu Minderausgaben bei den Investitionen geführt. Da diese Bedarfe weiterhin beständen, habe man die Ausgabenermächtigungen in Sondervermögen übertragen.

Die Kritik sei an dieser Stelle unbegründet, da die Investitionen nachgeholt würden. So seien die Investitionsausgaben des Landes 2023 sogar um 27 Millionen Euro höher ausgefallen als im Haushaltsplan vorgesehen. Die Investitionsquote habe 9,5 Prozent betragen.

In Sachen Verschuldung wies von Weizsäcker darauf hin, dass dies die zwangsläufige Folge der Finanzierung von Arbeitsplätzen in der Transformation sei. Zudem steige der eigenfinanzierte Anteil der Ausgaben des Transformationsfonds, was die Schulden reduziere. Schließlich sei die Schuldenstandsquote aussagekräftiger als die nominale Schuldenhöhe: Diese Quote habe sich mit 42 Prozent im Jahr 2020 und 41,5 Prozent 2023 nicht erhöht. Bis zum Ende des laufenden Doppelhaushalts 2024/2025 dürfte sie laut Minister auf dann nur noch rund 39 Prozent sinken.

Jahresbericht 2023 des Saarländischen Rechnungshofes