Aktuell sind so viele Kinder wie nie zuvor in einem Thüringer Sportverein eingeschrieben. Die Vereine stellt das aber vor einige Probleme.
Thüringer Sportvereine haben es vielerorts schwer, genügend Sportangebote für Kinder und Jugendliche zu offerieren. „Die Nachfrage ist höher als die Angebote, in vielen Sportvereinen gibt es Wartelisten“, erklärt Silvia Otto vom Landessportbund Thüringen (LSB). Rund 17.700 Kinder bis sechs Jahre seien in diesem Jahr in den Thüringer Sportvereinen gemeldet – so viele wie noch nie zuvor.
Eine eigene Abteilung Kinderturnen könne trotz des großen Interesses in vielen Vereinen nicht realisiert werden. Das habe vor allem zwei Gründe: Zum einen mangele es oft an ehrenamtlichen Übungsleitern, zum anderen seien die Sportstätten häufig in einem desolaten Zustand und nötige Sanierungen teils seit Jahren überfällig, so Otto. Vor allem in der Landeshauptstadt Erfurt ist die Lage gegenwärtig mit am schwierigsten.
Sporthallenkrise: Ein Lotteriespiel für Vereine
„Unser größtes Problem und das vieler anderer Vereine ist derzeit der chronische Mangel an Sportstätten“, berichtet Stephan Dunkel, Geschäftsführer des MTV 1860 Erfurt. Die Auslastung des Turnvereins liege bei 98 Prozent, neue Mitglieder könnten nicht aufgenommen werden. Im Schnitt kämen aber jeden Tag zwei bis drei Anfragen von Eltern, die sich mit Ihren Kindern anmelden wollten. „Wir würden gerne mehr anbieten, aber leider lassen das die Umstände aktuell nicht zu.“
Weil die Turnhallenzeiten jedes Jahr neu vergeben würden, gleiche es einem Lotteriespiel, wann und wo welches Sportangebot gemacht werden könne, schildert Dunkel. „Hier wäre es hilfreich, wenn wir Dauerverträge zur Hallennutzung abschließen könnten.“ Zumindest in Erfurt bestehe aber Hoffnung, da in den kommenden Jahren vier Sporthallen neu- oder wiedereröffnet würden. Zudem sei mit den geburtenschwachen Jahrgängen auch mit einem Rückgang der Nachfrage zu rechnen.
Ehrenamtler scheuen längere Verpflichtung
Im Bereich der ehrenamtlichen Helfer stünden zwar zumindest für einzelne Veranstaltungen meist ausreichend Freiwillige zur Verfügung. Es sei jedoch spürbar, dass sich immer weniger Menschen dauerhaft für eine Position – etwa als Übungsleiter – verpflichten wollten, sagt Dunkel. Diese Scheu, sich zu verpflichten, sei auch bei potenziellen Vereinsmitgliedern häufiger zu beobachten, ergänzt der Landessportbund. So seien Angebote im Kurs-Format immer stärker gefragt, die nur einen Zeitraum von etwa zwölf Stunden umfassten, statt wie sonst üblich über ein Jahr laufen.
Beim Weimarer Cheer- und Fitness-Club sei der begrenzende Faktor hingegen vor allem ein Mangel an Übungsleitern, erklärt Vorstandsmitglied Sandra Hoengen-Kluss. Fast alle Gruppen seien voll, Chancen für einen Einstieg gebe es – wenn überhaupt – am ehesten zum Jahreswechsel. Die Stadt Weimar sei beim Thema Raumangebot zwar sehr kooperativ und bemüht, am Trainermangel könne das aber nichts ändern. Einzelne Angebote hätten aufgrund der Situation nicht weitergeführt werden können.
Erfurter Sportstudenten als Übungsleiter
Beim Universitätssportverein in Erfurt bestehe das größte Problem momentan in der weiter andauernden Sanierung der Vierfelderhalle der Hochschule, erklärt Vereinspräsident Jens Panse. Das Angebot werde provisorisch in drei anderen Hallen fortgeführt, dadurch sei auch die Nachfrage etwas zurückgegangen. „Aktuell hat sich das gut eingependelt, wir hoffen aber, dass wir in Zukunft wieder mehr machen können.“ Vorteile zieht der Verein aus der engen Anbindung an die Universität: Durch die Sportstudenten sei es relativ einfach, geeignete Übungsleiter zu finden – wenngleich diese oft nur für die Dauer ihres Studiums verfügbar seien.
Insgesamt haben sich Nachfrage und Angebote für Kindersport dem Landessportbund zufolge in den vergangenen Jahren in Thüringen gut entwickelt. Worin sich alle Befragten einig sind, ist der Wunsch nach einer Stärkung des Ehrenamts und mehr Wertschätzung für alle, die sich engagieren – und dass so viele Kinder wie möglich zum Sport finden. „Wir freuen uns zudem über jeden, der die Muße findet, sich ehrenamtlich zu engagieren“, so Otto.