DFB-Pokal: Megalast für Musiala: Bayern fehlt das Harry-Kane-Double

Bayern kontra Bayer – gefühlt ist es das Finale 172 Tage vor dem echten DFB-Pokalendspiel. Wie schwer wiegt der Ausfall von Münchens Torjäger Kane? Coach Kompany sucht die Lösung.

Ein Titeltraum muss platzen. Von Bayern? Oder Bayer? Die Gedanken von Münchens Trainer Vincent Kompany kreisen vor dem gefühlten Finale zwischen Rekordsieger FC Bayern und Titelverteidiger Bayer Leverkusen 172 Tage vor dem echten DFB-Pokalfinale in Berlin gar nicht so sehr um den immensen Druck im bislang bedeutendsten Fußballspiel der Saison. 

„Ich gehe ein bisschen anders mit Druck um. Ich mag es, wenn diese Spiele auch groß gemacht werden“, sagte Kompany rund 35 Stunden vor dem Anpfiff der Achtelfinalpartie am Dienstag (20.45 Uhr/ARD und Sky) in der Allianz Arena. Der Druck für ihn als Trainer liege mehr darin, „immer die beste Leistung zu bringen“. Nur die wird gegen Leverkusens Double-Gewinner zum Sieg reichen.

Großes Trainer-Duell: Kompany gegen Alonso

Der 38-jährige Kompany muss bei der reizvollen Trainer-Kraftprobe mit dem fünf Jahre älteren Xabi Alonso vor allem eine Schlüsselfrage lösen: Er braucht ein Harry-Kane-Double. Problem: Im werthaltigen Spieler-Portfolio des FC Bayern gibt es genau das nicht. „Harry hat 20 Tore in dieser Saison gemacht, das kannst du nicht ersetzen. Deswegen ist er auch ein Topspieler“, bemerkte Kompany zum verletzten Goalgetter, der rund zwei Wochen ausfällt. 

100-Millionen-Euro-Mann Kane ist ein Unikat. Und Sportdirektor Christoph Freund winkte mit Blick auf die Winter-Transferperiode beim Kauf eines zweiten Top-Mittelstürmers ab. „Einen zweiten Harry Kane zu verpflichten, werden wir uns nicht leisten können. Das wäre auch für den Kader nicht gesund.“

Leverkusen hat Schick – und einen Lauf

In Leverkusen ist das anders. Da kann Alonso den aktuell wie Kane mit einer Muskelverletzung ausfallenden Mittelstürmer Victor Boniface eins zu eins durch Patrik Schick ersetzen. Der Tscheche erzielte sechs Tore in den jüngsten vier Pflichtspielen; eine Harry-Kane-Quote. „Die Effektivität ist da“, sagte Torwart Lukas Hradecky zum aktuellen Schick-Lauf und ergänzte indirekt mit einem Seitenhieb Richtung München: „Es ist wichtig, so einen Stürmer zu haben.“

Schicks Topform und die insgesamt gerade steil nach oben zeigende Leistungskurve des gesamten Leverkusener Meister-Ensembles veranlasst Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes zu durchaus forschen Tönen: „Wir sind eine starke Mannschaft und das werden wir in München zeigen.“

Bayern-Anführer Joshua Kimmich sieht beide Mannschaften „ganz gut drauf“. Er sieht „ein Duell auf Augenhöhe“ – trotz Münchner Heimvorteils. Kompany traut seinem Ensemble zu, den Verlust von Erfolgsgarant Kane, der sich beim 1:1 in Dortmund einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zuzog, im K.o.-Spiel mit offensiver Kreativität und als gieriges Kollektiv auffangen zu können. 

„Wir haben Spieler, die torgefährlich sind. Das hilft uns natürlich, diese Situation zu lösen. Wir haben viele Optionen“, versicherte Kompany und nannte prompt eine lange Liste: „Thomas Müller, Mathys Tel, Serge Gnabry, Michael Olise, Leroy Sané.“ Routinier Müller scheint dabei die erste Option zu sein, auch wenn der 35-jährige – in Dortmund eingewechselt für Kane – kein Erfolgsfaktor war.

Wer zaubert mehr: Musiala oder Wirtz?

Das Bayern-Spiel werde ohne Kane natürlich „anders aussehen“, bemerkte Kompany. Vor allem nimmt nochmal die Last zu, die Jamal Musiala zu schultern hat – und das im direkten Leistungsvergleich mit seinem kongenialen DFB-Kollegen Florian Wirtz, der neben Schick Bayers größter Offensivtrumpf ist. 

Der 21-jährige Musiala ist mit zehn Saisontoren immerhin ein halber Kane. „Jamal hat momentan ein richtiges Näschen“, sagte Sportvorstand Max Eberl nach Musialas Kopfballtreffer zum 1:1 im Liga-Klassiker gegen Dortmund.

„Wir müssen immer weiter pushen“, mahnte Musiala. Große Spiele sollen wieder Bayern-Spiele sein, nachdem sie in der letzten Saison eindeutig Bayer-Spiele waren. Alonso hat als Trainer mit Leverkusen noch nicht gegen Bayern verloren (zwei Siege, zwei Remis). „Für uns läuft es sehr gut. Aber es gibt keine schwierigere Aufgabe, als in München zu spielen“, sagte der Spanier.

Kompany ist gespannt, wie Alonsos Team diesmal in München auftreten wird. Beim 1:1 in der Bundesliga Ende September mauerte der Werksclub in München. „Sie können tief verteidigen und hoch pressen“, weiß Kompany und sagt: „Wir haben Respekt.“ Denn eine Niederlage ist im DFB-Pokal nicht reparabel. 

Bayern hat die größere Fallhöhe

Wer verliert, ob nach 90 Minuten, nach Verlängerung oder in einem ultimativen Showdown vom Elfmeterpunkt, muss den ersten Titel der Saison abschreiben. Die größere Fallhöhe hat dabei Rekordsieger FC Bayern, der seit dem letzten Pokalgewinn 2020 auf seine 25. Finalteilnahme wartet. 

Bayer-Torwart Hradecky freut sich auf „ein Knallerspiel“, in dem der Champion „den stärksten Titelkandidaten rausschmeißen“ will. Denn wer dieses Mega-Achtelfinale gewinnt, ist für ihn „ein ganz großer Favorit, am Ende den Pokal zu gewinnen“.