Bayern sei „Vorstufe des Paradieses“, sagte Ex-CSU-Chef Seehofer oft. Die heimischen Firmen empfanden die Rahmenbedingungen schon vor zehn Jahren nicht als übermäßig paradiesisch – heute noch weniger.
Bayerns Firmen geben dem Freistaat als Wirtschaftsstandort nur mittelmäßige Noten. In der neuen Ausgabe einer alljährlichen Umfrage unter 700 heimischen Unternehmen hat die Zufriedenheit mit der „Standortqualität“ zwar im Vergleich zu 2023 wieder etwas zugelegt. Doch im langfristigen Vergleich bewerten die Firmen die Mehrheit der einzelnen Standortfaktoren weniger gut als bei der ersten Befragung 2013, zum Teil sogar deutlich schlechter.
Dennoch ist eine große Mehrheit der Firmen offenkundig heimatverbunden: 92 Prozent antworteten, dass sie sich wieder in Bayern ansiedeln würden.
Schulnoten für den Standort
Die Unternehmensberatung des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln befragte die teilnehmenden Firmen einerseits nach ihrer Zufriedenheit mit Bayern. Darüber hinaus vergaben die Unternehmen Schulnoten für insgesamt 60 einzelne Standortfaktoren in fünf Bereichen: Humankapital, Energie und Rohstoffe, Verwaltung, Innovationsumfeld sowie Güte der Infrastruktur.
Die Standortzufriedenheit lag in diesem Jahr bei 72,8 von 100 möglichen Punkten, wieder etwas höher als 2023 (70,2). Die Schulnoten fielen keineswegs besonders gut aus: Noch am besten bewertet wurde das Innovationsumfeld mit 2,8 (Vorjahr: 2,9) am schlechtesten das Verwaltungshandeln mit 3,9 (unverändert).
Bürokratie, Energiepreise und Fachkräftemangel
Mit Ausnahme des Innovationsumfelds vergaben die Unternehmen deutlich schlechtere Zensuren als zu Beginn der Befragungen 2013: Der Bereich Energie und Rohstoffe sank in der Beurteilung der 700 Unternehmen von der Note 2,2 auf 3,3, die Infrastruktur von 2,4 auf 3,0, das Humankapital von 2,9 auf 3,8, und das Verwaltungshandeln von 3,3 auf 3,9. Zu den am schlechtesten bewerteten Einzelfaktoren zählten unter anderem der bürokratische Aufwand, die Preise für Rohstoffe, Sprit, Strom und Gas sowie die Verfügbarkeit von Fachkräften.
vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sieht vor allem Berlin in der Pflicht: „Ganz oben auf der bundespolitischen Agenda müssen die Senkung der Arbeits- und Energiekosten, flexiblere Regelungen im Arbeitsumfeld sowie der Bürokratieabbau stehen.“