Schokolade, Kekse und Co.: Wie viel Zucker darf mein Kind im Advent? Die Realität einer Mutter im Dezember

Süßigkeiten zur Adventszeit: Wie viel Zucker ist zu viel für eine Vierjährige? Unsere Autorin über den Umgang mit Süßem und warum Verbote nicht der Weg zum Ziel sind.

Der Adventskranz leuchtet, es duftet nach Lebkuchen, und meine Vierjährige steht mit großen Augen vor ihrem Adventskalender: „Darf ich schon?“ Wie jeden Morgen im Dezember stelle ich mir die Frage: Bin ich zu streng oder zu nachgiebig beim Thema Süßigkeiten?

Dieses Jahr habe ich mich bewusst für nur einen Adventskalender entschieden, den ich selbst fülle. Keine zusätzlichen Schokoladen-Kalender, keine Süßigkeiten-Überflutung. Eine durchdachte Entscheidung – und trotzdem keine einfache. Denn spätestens wenn der Nikolaus seine Schokoladenversion und andere Leckereien bringt, zeigt sich: Die Verlockung der Süßigkeiten ist für Kinder in dieser Zeit besonders groß. Dinge, die wir gern gewusst hätten, bevor wir Eltern werden“ 0.00

Der richtige Umgang mit Süßem

Eines ist mir klar geworden: Kinder entwickeln ein gesundes Verhältnis zu Süßigkeiten nicht durch erhobene Zeigefinger, sondern durch aktives Miterleben. Wenn ich an meine eigene Kindheit zurückdenke, entstanden meine ersten positiven Erfahrungen mit Essen nicht durch Regeln und Verbote, sondern auf den Küchenzeilen meiner beiden Großmütter. Dort lernte ich durch Zuschauen und Mitmachen. Ich durfte Saucen probieren und abschmecken, mit Mehl und Eiern, mit Gemüse und Fleisch experimentieren und entwickelte so ganz natürlich ein Gefühl für Zutaten und ihre Wertigkeit. Diese frühen Erfahrungen haben mich geprägt und mir gezeigt: Kinder brauchen vor allem die Chance, selbst ein Gespür für gutes Essen zu entwickeln.

Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm erklärt die wissenschaftliche Seite unserer Vorliebe für Süßes: „Es gibt die Theorie, dass der Geschmack süß mit kohlenhydratreich assoziiert ist. Babys trinken Muttermilch, die ist süßlich. Süß signalisiert, dass es nicht giftig ist, dass es reif ist, dass schnelle Energie geliefert wird.“ Diese evolutionäre Programmierung erklärt, warum besonders Kinder so stark auf Süßes reagieren.

Keinen Vorrat an Süßigkeiten anlegen

Die WHO empfiehlt für Kinder maximal 25 Gramm zugesetzten Zucker pro Tag. 100 Gramm eines klassischen Schoko-Nikolaus enthalten bereits 54 Gramm Zucker. Von Cramm warnt: „Wenn ich sehr viel Zucker esse, fülle ich mein Kalorienkontingent mit wenig essenziellen Nährstoffen. Gerade Kinder im Wachstum brauchen viele Vitamine und Mineralstoffe.“

Von Cramms wichtigster Rat hat sich bei uns bewährt: „Legen Sie sich erst gar keinen Vorrat an Süßigkeiten an!“ Was nicht da ist, muss auch nicht diskutiert werden. Stattdessen empfiehlt sie Alternativen: „Beispielsweise einen Obstteller, den man wie ein Gesicht anrichtet. Man kann auch gesunde Lebensmittel schön herrichten und ein Ritual daraus machen.“Interview Ernährungsexpertin 13.26

Unser Alltag jenseits der Adventszeit 

Was bei uns zu Hause gilt: Süßigkeiten sind die Ausnahme, nicht die Regel. Ich versuche konsequent, keine Süßigkeiten im Haus zu haben – und verzichte dabei auch selbst. Stattdessen biete ich jeden Tag Obst und Gemüse an. Manchmal verstecke ich das Gemüse auch in pürierten Saucen. Eine wichtige Regel bei uns: Alles muss probiert werden, darf aber ausgespuckt werden. Überraschenderweise findet meine Tochter in acht von zehn Fällen das Neue lecker. Klappt das immer? Auf keinen Fall! Aber wir versuchen es, jeden Tag aufs Neue.

Die Adventszeit stellt unsere alltäglichen Gewohnheiten auf die Probe. Plötzlich sind überall Versuchungen, und die natürliche Vorliebe für Süßes macht sich besonders bemerkbar. Wir versuchen, einen Mittelweg zu finden – zwischen festlicher Freude und vernünftigem Maß.

Unsere Adventsstrategie

Nach vielem Ausprobieren haben wir unseren Weg gefunden:

Ein selbst gefüllter Adventskalender mit überlegten Überraschungen wie ein Gutschein für einen Filmabend, Stifte und Malblock, Bastelsachen usw.Klare Regeln, wann Süßigkeiten gegessen werden: niemals vor dem Essen, nur eine Süßigkeit am Tag (klappt nicht immer!), es gibt keine SüßigkeitenschubladeGemeinsames Backen als Alternative zu gekauften Süßigkeiten: Wir backen Banana-Bread frei von raffiniertem Zucker oder ungesüßte MuffinsBesondere Momente bewusst genießen lernen

Die Adventszeit darf anders sein als der Rest des Jahres. Ein selbst gebackener Lebkuchen, das gemeinsame Plätzchenbacken, der Schokonikolaus – all das gehört zur vorweihnachtlichen Tradition. Wichtig ist, dass wir diese besonderen Momente auch besonders sein lassen und im Alltag zu einer ausgewogenen Ernährung zurückfinden.STERN PAID Experiment zuckerfrei mit der Familie 19.45

Zucker im Alltag managen 

„Achten Sie darauf, dass es feste Mahlzeiten gibt, kein Dauersnacken“, betont von Cramm. Besonders wichtig sei es, Spiel- und Essenszeiten zu trennen. Das versuchen wir auch in der Adventszeit beizubehalten, auch wenn es nicht immer einfach ist. Die Ernährungsexpertin beruhigt aber auch: „Man kann seinen Süßgeschmack ändern, es ist einfach eine Gewohnheit.“ Das gibt Hoffnung für die Zeit nach den Feiertagen.

Ich bin nicht zu dogmatisch: Wenn meine Tochter bestimmte Sachen partout nicht essen möchte, dann gibt es eben ein Butterbrot oder Nudeln pur. Das ist besser als ein Machtkampf ums Essen. Wichtig ist mir die Balance: An normalen Tagen achten wir auf gesunde Ernährung, an besonderen Tagen darf es auch mal mehr Süßes sein.