Kanzler Scholz hat das Vertrauen des Bundestags verloren. Außenpolitik will er trotzdem weitermachen wie bisher – inklusive Auslandsreisen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) möchte möglichst bald nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump am 20. Januar zu ihm nach Washington reisen. In seinem ersten Telefonat mit Trump nach dessen Wahlsieg im November habe Scholz „seinen Wunsch hinterlegt, dass er ihn sehr bald nach Amtsantritt besuchen will“, heißt es in Regierungskreisen. Es sei „nicht ausgeschlossen“, dass ein solcher Besuch noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar stattfinden könne.
Keine Einladung zur Vereidigung
Zur Vereidigung Trumps am 20. Januar ist Scholz bisher nicht eingeladen worden. Einladungen an Staats- und Regierungschefs anderer Länder zu Amtseinführungen von US-Präsidenten waren bisher auch unüblich. Der Republikaner Trump hat aber seiner Sprecherin Karoline Leavitt zufolge überraschend Chinas Staatschef Xi Jinping zu der Zeremonie eingeladen. Auch Staats- und Regierungschefs anderer Länder seien eingeladen, sagte sie weiter, ohne Details zu nennen.
Scholz sieht sich bei Nein zu Taurus durch Trump bestärkt
Scholz hatte sich zu seinem ersten Telefonat mit Trump überraschend positiv geäußert und deutlich gemacht, dass er vor allem mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine gemeinsame Linie für möglich halte. In seinem Nein zu den von der Ukraine erbetenen Taurus-Marschflugkörpern sieht er sich von Äußerungen Trumps bestärkt.
Bei der Vorstellung des SPD-Wahlprogramms bekräftigte Scholz seine Entscheidung, die Lieferung von Waffen abzulehnen, die weit in das russische Hinterland hineinreichen. „Und wenn ich das richtig sehe, wird sie ja auch zum Beispiel in der transatlantischen Zusammenarbeit in Zukunft ähnlich bewertet. So habe ich jedenfalls Präsident Trump in seinen jüngsten Interviews gelesen“, sagte Scholz.
Trump hatte Biden-Entscheidung „sehr dumm“ genannt
Trump hatte zuvor die Entscheidung des amtierenden Präsidenten Joe Biden als „sehr dumm“ verurteilt, der Ukraine Angriffe mit weitreichenden westlichen Waffen auf russischem Staatsgebiet zu erlauben. „Ich denke, das hätte man nicht zulassen dürfen (…) und schon gar nicht wenige Wochen vor meinem Amtsantritt“, sagte der Republikaner vor Journalisten in Florida. Die Entscheidung Bidens sei ein „großer Fehler“.
Trump schloss nicht aus, den Beschluss nach seinem Amtsantritt Ende Januar rückgängig zu machen. Der Demokrat Biden hatte Kiew im November zur Abwehr des russischen Angriffskriegs genehmigt, mit ATACMS-Raketen bestimmte Ziele in Russland anzugreifen. Auch Frankreich und Großbritannien hatten Einschränkungen zum Einsatz ihrer an Kiew gelieferten Raketen der Typen Scalp und Storm Shadow zuletzt gelockert.