Verfassungsgericht: Gallina: Verfassungsgericht bekommt Schutzschild

2019 startete Hamburg angesichts des Erstarkens rechtspopulistischer Kräfte bereits eine Initiative zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Fünf Jahre später soll der Schutzschild nun kommen.

Vor den entscheidenden Sitzungen von Bundestag und Bundesrat hat Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina für die Stärkung des Bundesverfassungsgerichts geworben. „Mit dieser Reform stellen wir in den Ländern und im Bund parteiübergreifend unter Beweis, dass wir den Willen und die Kraft haben, unsere Demokratie zu schützen und die Wehrhaftigkeit gegen Verfassungsfeinde deutlich zu stärken“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Der Bundestag will am heutigen Donnerstag über einen Gesetzentwurf entscheiden, auf den sich SPD, Grüne, FDP und die Union schon vor dem Ende der Ampel-Koalition geeinigt hatten und der wesentliche Regelungen zur Funktionsfähigkeit des höchsten deutschen Gerichts im Grundgesetz festschreiben will. Das Vorhaben geht auf eine Hamburger Initiative zurück. Die Länderkammer wird am morgigen Freitag darüber entscheiden.

Schutzschild gegen autokratische und extremistische Kräfte

„Mit dieser Reform haben wir einen Schutzschild entwickelt, um das Bundesverfassungsgericht gegen Angriffe von und Instrumentalisierung durch autokratische und extremistische Kräfte zu schützen“, sagte Gallina. „Denn uns eint das gemeinsame Ziel, die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts zu sichern.“ Diese Einigkeit und Entschlossenheit der demokratischen Kräfte brauche es, um auch in Zukunft Demokratie und Grundrechte zu schützen.

In Polen und Ungarn habe sich gezeigt, wie Feinde der Demokratie eine Parlamentsmehrheit für die Einflussnahme auf das Verfassungsgericht missbrauchen könnten, argumentieren die Initiatoren. 

Funktionsfähigkeit soll im Grundgesetz verankert werden

Im Grundgesetz festgeschrieben werden sollen die zwölfjährige Amtszeit der Richter am Bundesverfassungsgericht, der Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze der Richter von 68 Jahren. Änderungen sind dann nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit möglich. 

Auch die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate soll verankert werden. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts nie gefährdet ist, soll im Grundgesetz außerdem stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführt. 

Zudem soll ein sogenannter Ersatzwahlmechanismus im Bundesverfassungsgerichtsgesetz dafür sorgen, dass bei der Richterwahl im Falle einer Blockade in Bundestag oder Bundesrat die jeweils andere Kammer die Entscheidung übernehmen kann. 

Die Hälfte der Verfassungsrichterinnen und -richter wird vom Bundestag, die andere Hälfte vom Bundesrat gewählt – jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit.

 

Steffen: Harte Überzeugungsarbeit 

Bereits vor fünf Jahren hatte Gallinas Vorgänger im Amt des Hamburger Justizsenators, Till Steffen, mit einer Initiative einen Anlauf zur Stärkung des Verfassungsgerichts unternommen. „Ich habe auf der Justizministerkonferenz im Herbst 2019 dafür plädiert, das Grundgesetz auf Krisenfestigkeit zu prüfen“, sagte der heutige Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion der dpa.

Damals habe man aber keinen Handlungsbedarf gesehen. „Es gäbe keine akute Gefahr“, habe man ihm gesagt, erinnert sich Steffen, der die Pläne nach seiner Wahl in den Bundestag in Gesprächen mit den Ampelfraktionen, in die später auch die Union einbezogen wurde, weiter vorangetrieben hat. 

Krisenfest bedeute, auf künftige Gefahren vorbereitet zu sein. „Heute durchzieht die Frage der Krisenfestigkeit alle Bereiche der Gesellschaft“, sagte Steffen. Deshalb freue es ihn, dass der Schutz des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile Konsens sei. „Das war harte Überzeugungsarbeit.“