In Ingolstadt wird eine 23-Jährige tot in einem Auto gefunden. Bald kam der Verdacht auf: Das Opfer musste mutmaßlich als Stellvertreterin herhalten. Nun ist das Urteil gefallen.
Es ist ein tragischer Fall, in dem das Landgericht Ingolstadt nach einem Jahr voller Verhandlungen nun ein Urteil gefällt hat: Eine 25-jährige Frau soll eine zwei Jahre jüngere Doppelgängerin ermordet haben lassen, um selbst untertauchen zu können. Die Richter verurteilten sie und ihren Komplizen wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Haftstrafe.
Der Aufsehen erregende Fall war an 52 Tagen verhandelt worden. Die Angeklagte beteuerte, bei dem Mord anwesend gewesen zu sein, ihn aber nicht gewollt zu haben. Zudem hätte sie versucht, ihren Bekannten davon abzuhalten, die 23-Jährige zu töten. Ihr Komplize schwieg zu der Tat. Knapp 200 Zeugen wurden in dem Verfahren befragt. Der Doppelgänger-Fall zog nicht nur Medienvertreter nach Ingolstadt. Wie der Bayerischer Rundfunk berichtete, reisten auch Streaming-Anbieter wie Netflix an.
Opfer mit 56 Messerstichen getötet
Das Opfer, eine Beauty-Bloggerin aus der Stadt Eppingen in Baden-Württemberg, war im Sommer 2022 erstochen in einem Auto in Ingolstadt aufgefunden worden. Die Ermittler vermuteten zunächst, es handele sich um die 25 Jahre alte Halterin, Schahraban K. Später stellte sich heraus, dass die gefundene Leiche der Frau nur ähnlich sah und K. noch am Leben war. Die Verdächtige und ein Bekannter wurden später festgenommen.
STERN PAID 03_24 Prozessauftakt Doppelgängerinnenmord 20.15
Die Staatsanwaltschaft warf ihnen vor, im Internet nach einem Opfer gesucht zu haben. K. habe ihren eigenen Tod vortäuschen wollen, um unter einer anderen Identität ein neues Leben beginnen zu können. Dafür habe K. versucht, innerhalb kurzer Zeit 24 Frauen im Internet anzuwerben. Alle sollen ihr ähnlich gesehen haben – daher der Name Doppelgängerinnen-Fall.
K. und ihr Komplize sollen das Opfer unter einem Vorwand in Eppingen abgeholt haben. Der Mord ereignete sich demnach in einem Waldstück, wo K.s Bekannter die 23-Jährige mit 56 Messerstichen tötete.
Angeklagte aus Ingolstadt eine „perfide Planerin ohne Gnade“
Das Motiv: Die Angeklagte habe aus ihrer strengen jesidischen Familie ausbrechen wollen. Wie der „Spiegel“ berichtete, stammten ihre Eltern aus dem Nordirak – genau wie der Mann, den K. nach jesidischem Ritual heiratete. Die Trennung von ihrem Ehemann habe sie massiv unter Druck gesetzt. Ein Versöhnungstreffen der Familien sei gescheitert. K. habe daraufhin untertauchen und ein neues Leben anfangen wollen.
Vor der Tat habe sie angekündigt, „bald weg und frei“ zu sein und „kranke Sachen“ zu machen. Zudem habe sie einen Koffer gepackt; Reisedokumente inklusive. Die Staatsanwaltschaft beschrieb die 25-Jährige als „perfide Planerin ohne jede Gnade“.