Untersuchung eingeleitet: Virusproben aus Labor in Australien vermisst – Verbleib unklar

In Australien verschwanden vor drei Jahren Hunderte Proben mit Erregern wie dem Hanta- oder dem Lyssavirus aus einem Labor. Wie konnte das passieren? Und besteht Grund zur Sorge?

In Hochsicherheitslabors, die mit gefährlichen Erregern arbeiten, herrschen sehr strenge Standards. Dass Viren aus solchen Laboren abhandenkommen, ist daher äußerst selten. 

Doch 2021 geschah genau das in Australien. Erst kürzlich wurde die Sicherheitspanne öffentlich bekannt. Noch weiß niemand genau, was mit den Virenproben passiert ist. Sie werden noch immer vermisst.

Vergangene Woche kündigte der Gesundheitsminister des Bundesstaates Queensland, Tim Nicholls, eine Untersuchung an. Er nannte den Vorfall einen „schweren Verstoß“ gegen das Biosicherheitsprotokoll. PAID Wuhan China Ursprung des Virus – 15.00 Uhr

Australiens Behörden haben keine Hinweise auf Diebstahl

Demnach verschwanden vor drei Jahren 323 Virusproben aus einem staatlichen Labor in Queensland. Darunter seien fast 100 Proben des Hendravirus, zwei des Hantavirus und 223 „Fragmente“ des Lyssavirus, berichteten der australische Rundfunksender ABC und die Zeitung „Sydney Morning Herald“. Das Material sei offenbar verschwunden, nachdem ein Gefrierschrank, in dem die Proben gelagert waren, kaputtgegangen sei.

Der Verstoß sei im August letzten Jahres entdeckt worden, teilte Nicholls mit. Das Labor habe nicht mit Sicherheit sagen können, ob das Material entfernt oder vernichtet worden sei. Entsprechende Dokumente seien nicht ausgefüllt worden. „Es ist dieser Teil der Weitergabe dieser Materialien, der Anlass zur Sorge gibt.“

Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass die Proben aus dem Labor entfernt oder gar gestohlen worden seien, betonte Nicholls. Es habe keine gesundheitlichen Vorfälle gegeben, die auf das Material zurückzuführen wären.Tiere und Corona: Welche infizieren sich 10.35

Experte sieht geringes Risiko für Bevölkerung

Auf die Frage, warum die Öffentlichkeit nicht früher über den Verstoß informiert wurde, antwortete der Gesundheitsminister, dass dies Teil der Untersuchung sein werde.

Ein hohes Risiko für die Bevölkerung bestehe jedoch nicht, versicherte Chief Health Officer Dr. John Gerrard. Der Verstoß gegen die Registrierungspflicht sei zwar schwerwiegend, das Risiko für die Bevölkerung jedoch sehr gering. Es sei schwer vorstellbar, dass die Bevölkerung gefährdet sei. 

„Es ist wichtig zu wissen, dass sich diese Virusproben außerhalb eines Gefrierschranks sehr schnell zersetzen und nicht mehr infektiös sind.“

Gerrard sagte, es sei am wahrscheinlichsten, dass die Proben „vernichtet“ wurden, aber dies nicht angemessen dokumentiert wurde. Auch er versicherte, in den letzten fünf Jahren habe es in Queensland keine Hendra- oder Lyssavirusfälle beim Menschen geben. Zudem seien in Australien noch nie Hantavirus-Infektionen gemeldet worden.

Hendravirus, Hantavirus und Lyssavirus potenziell tödlich

Bei Hendraviren handelt es sich laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) um Erreger aus der Gattung der Henipaviren. Sie wurden 1995 erstmals in Australien beschrieben. Im Jahr 1994 breitete sich das Virus in Rennställen im Vorort Hendra in Brisbane aus und tötete einen Trainer und 13 Pferde. Das Virus kann beim Menschen eine schwere Enzephalitis auslösen, eine Entzündung des Gehirns. Hinzu kommen Atemwegsbeschwerden.

Hantaviren kommen auf der ganzen Welt vor und werden von Mäusen und Ratten auf den Menschen übertragen. Eine Infektion kann unterschiedlich schwer verlaufen. Symptome sind Fieber, grippeähnliche Beschwerden, Schmerzen sowie Übelkeit und Durchfall. Es kann im weiteren Verlauf der Krankheit auch zu einem plötzlichen Blutdruckabfall und eingeschränkter Nierenfunktion kommen. Todesfälle sind aber selten. Die in Deutschland beobachtete Krankheitsform heilt meist folgenlos ab.

Bei dem Lyssavirus handelt es sich um einen Erreger, zu dessen Familie auch das Tollwutvirus gehört. Das Virus kommt vor allem bei Fledermäusen vor, auch in Deutschland. Das RKI schreibt: „Prinzipiell muss bei einer Übertragung der Lyssaviren von Fledermäusen auf den Menschen von der gleichen Gefahr ausgegangen werden wie bei der klassischen terrestrischen Tollwut.“ Die Tollwut ist eine überwiegend durch Hunde übertragene Krankheit, die das zentrale Nervensystem befällt und meist tödlich verläuft. Sie kommt hauptsächlich in Afrika und Asien vor. Deutschland hat den Status „tollwutfrei“.

Quellen: ABC, „Sydney Morning Herald“, 9News, news.com.au, Sky News Australia, Robert-Koch-Institut, infektionsschutz.de